Viele Wege führen hierhin

Fünf Frauen sehen ihrer bischöflichen Beauftragung für den pastoralen Dienst entgegen. Ein Gespräch

Pastoraler Nachwuchs (c) Thomas Hohenschue
Datum:
Mi. 16. Aug. 2017
Von:
Thomas Hohenschue
Die Zukunft der Kirche im Bistum Aachen ist weiblich: Dieser Eindruck entsteht, halb sachlich, halb augenzwinkernd, wenn man sich den pastoralen Nachwuchs in diesem Jahr anschaut.

Fünf Menschen haben sich dem seelsorglichen Dienst verschrieben und sehen der Beauftragung durch Bischof Helmut Dieser entgegen – allesamt Frauen. Im Gespräch mit der KiZ berichten sie von ihren Motiven, Erwartungen und Haltungen, mit denen sie ihren Dienst antreten.

Soweit weg wirkt die Finanzkrise des Bistums Aachen heute, zeitlich und ökonomisch, und doch wirkt sie bis heute nach. Als die Verantwortlichen der Diözese vor einem guten Dutzend Jahren nicht wussten, wie sie ein hohes Millionendefizit im Haushalt stopfen sollten, gehörte ein Ausbildungsstopp für ihren pastoralen Nachwuchs zu den Direktmaßnahmen, die sie in ihrer Not ergriffen.

Ilona Ruhm zählte zu den Frauen und Männern, die schmerzlich von der Entscheidung betroffen waren. Sie hatte gerade das Theologie-Diplom in der Tasche, da kam die Pressemitteilung. Zunächst tiefe Verzweiflung, aber dann rappelte sie sich auf. Anders als so manche, die sich mit ihr auf den Weg der Ausbildung für das Bistum gemacht hatten und nun im Regen standen, hat sie nicht den Beruf gewechselt. Vielmehr packte sie ihre sieben Sachen und trat im benachbarten Ausland einen pastoralen Dienst an – in der schönen Schweiz. Dort machte sie wertvolle seelsorgliche Erfahrungen und bereut ihre Zeit in keiner Weise.

Und doch: Als sie Familie gegründet hatte und es darum ging, wo man gemeinsam Wurzeln schlägt, rief doch wieder die Heimat. Die Verbindung zum Bistum Aachen hatte sie stets über die KirchenZeitung gehalten. Und was sie dort las, ermunterte sie, bei der Diözese anzuklopfen und sich dort für den pastoralen Dienst zu bewerben. Jetzt ist die 37-Jährige als Pastoralreferentin in der GdG St. Franziskus Düren-Nord eingesetzt. Und fühlt: Ich habe meinen Platz gefunden.

Eine gute Schule für Leben und Dienst

Ganz gerade verliefen auch andere Wege nicht, die zu dem großen Moment am 1. September führen, wenn der Aachener Bischof Helmut Dieser im Dom die Beauftragung ausspricht. Auch Ruth Quix war vom Ausbildungsstopp betroffen, gerade als sie frisch vom Abi kam und einen pastoralen Beruf ergreifen wollte. Sie nahm dann einen Umweg, studierte ein paar Semester Erziehungswissenschaften, aber immer mit dem Gefühl: Da fehlt etwas. Ihre große Sehnsucht, den Glauben mit Arbeit und Alltag zu verbinden, blieb. Man lernt überall, blickt die heute 32-Jährige versöhnlich auf die Zeit des Umwegs zurück. Und ist doch heilfroh, nach der Wiederaufnahme der pastoralen Ausbildung ihre Vision vom Dienst an der Sendung der Kirche verwirklichen zu können. Erfahrung sammelte sie in den letzten Jahren als Gemeindeassistentin in der GdG Aachen Nord-West.

Bei Petra Minge war der Weg noch länger, denn zunächst schlug sie beruflich betrachtet weltliche Richtungen ein. In einem ganz kleinen Betrieb lernte sie Bürokauffrau, dann wechselte sie zu einem großen Geldinstitut, bei dem sie 20 Jahre lang anspruchsvolle Arbeit machte, alleine zwölf im Personalwesen. Eine gute Schule fürs Leben, findet sie bis heute, in der Vielfalt der Menschen und Situationen, aber auch im wachsenden Wandel der Arbeitswelt. Ein weiteres Mal wechseln will sie nicht, ein Umzug nach Frankfurt kommt nicht in Frage. Kurz erzählt, macht sie ihr Ehrenamt zum Beruf, studiert, bereitet sich vor. Im September ist die 50-Jährige im Dom dabei, nach Jahren in der Alsdorfer GdG wird sie in Eschweiler die Zelte aufschlagen.

Vom Vorteil eines unverstellten Blickes

Von dort kommt Christiane Hartung, aber wirkt nun in der Nachbarstadt Stolberg. Auch sie wollte schon gefühlt immer einen pastoralen Beruf ergreifen, aber familiäre Gründe führten dazu, erst einmal woanders hinzugehen. Sie lernte Pharmazeutisch-Technische Assistentin, wurde Heilpraktikerin. Und sieht heute in ihren therapeutischen Instrumenten viel Handwerkszeug für die seelsorgliche Arbeit. Den Berufswunsch hat sie nie verloren, sie hielt ihn durch vielfältiges ehrenamtliches Engagement wach. Dass sich in all den Jahren die pastoralen Räume vergrößert haben und damit die Grundbedingung für die pastorale Arbeit, schreckt sie nicht. Immer geht es um den Dienst am Menschen, sagt die 48-Jährige.

Aus einer anderen Welt kommt Lisa Patzelt. So fühlt sie sich zumindest ein wenig. Aufgewachsen im Bistum Münster, fehlen ihr die Kontakte und Kenntnisse über hiesige Personen und Strukturen, die ansonsten häufig eine katholische Laufbahn in Beruf und Ehrenamt prägen. Das ist etwas sperrig für sie, andererseits hat sie deswegen oft einen unverstellten Blick auf die Situationen im Bistum Aachen. Und da schließt sich ein Kreis: Sie nimmt vielleicht klarer als andere wahr, dass Kündigungen und Ausbildungsstopp vor zwölf Jahren Spuren hinterlassen haben. Konkret findet die Gemeindereferentin nur recht wenige Männer und Frauen aus ihrer Generation unter den Kollegen. Ungeachtet dieser sachlichen Beobachtung erfüllt die 33-Jährige, die als regionale Jugendseelsorgerin in Aachen arbeitet, wie alle anderen vor allem eines, wenn sie an die Zukunft im pastoralen Dienst denkt: Freude.

Bischof Helmut Dieser wird die fünf Frauen am Freitag, 1. September, um 18 Uhr in einem feierlichen Pontifikalamt im Aachener Dom für den pastoralen Dienst im Bistum Aachen beauftragen.