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Ansprache 18. Sonntag im Jahreskreis

Lesung: Kohelet 3,1-5.9-11

1 Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit: 2 eine Zeit zum Gebären / und eine Zeit zum Sterben, / eine Zeit zum Pflanzen / und eine Zeit zum Ausreißen der Pflanzen, 3 eine Zeit zum Töten / und eine Zeit zum Heilen, / eine Zeit zum Niederreißen / und eine Zeit zum Bauen, 4 eine Zeit zum Weinen / und eine Zeit zum Lachen, / eine Zeit für die Klage / und eine Zeit für den Tanz; 5 eine Zeit zum Steinewerfen / und eine Zeit zum Steinesammeln, / eine Zeit zum Umarmen / und eine Zeit, die Umarmung zu lösen, 6 eine Zeit zum Suchen / und eine Zeit zum Verlieren, / eine Zeit zum Behalten/ und eine Zeit zum Wegwerfen, 7 eine Zeit zum Zerreißen/ und eine Zeit zum Zusammennähen, / eine Zeit zum Schweigen / und eine Zeit zum Reden, 8 eine Zeit zum Lieben / und eine Zeit zum Hassen, / eine Zeit für den Krieg / und eine Zeit für den Frieden. 9 Wenn jemand etwas tut - welchen Vorteil hat er davon, dass er sich anstrengt? 10 Ich sah mir das Geschäft an, für das jeder Mensch durch Gottes Auftrag sich abmüht. 11 Das alles hat er schön gemacht zu seiner Zeit. Überdies hat er die Ewigkeit in ihr Herz hineingelegt, doch ohne dass der Mensch das Tun, das Gott getan hat, von seinem Anfang bis zu seinem Ende wiederfinden könnte.

 

Ansprache: 

„Reichtum verpflichtet“, heißt es in einem Sprichwort. Die Quintessenz des heutigen Evangeliums könnte man vielleicht so zusammenfassen: „Reichtum verpflichtet zu Demut“.

In der Politik wird heftig über die Einführung einer Reichensteuer diskutiert. Und wenn ich eine persönliche Beobachtung wiedergeben darf: Mir erscheint es schon ziemlich unschlüssig in dieser Auseinandersetzung, dass jene, die diese ablehnen, weil sie das Wachstum der Wirtschaft negativ beeinflussen würden, eben genau die sind, die am Bürgergeld kratzen, da es die Menschen davon abhalten würde, eine angemessene Arbeit aufzunehmen. Beide Quintessenzen erscheinen mir wenig plausibel: Die Tatsache, dass ein Wachstum der Wirtschaft wirklich gefährdet wäre, wenn die Reichsten der Reichen von ihrem Überfluss nur etwas geben würden. Und genau so fragwürdig erscheint mir, arbeitsuchende Menschen  pauschal zu verurteilen, dass sie keine angemessene Arbeit annehmen würden. Wir schaukeln uns zielstrebig in eine Neidkultur hinein, die unsere Gesellschaft immer weiter auseinanderführt.

Ich vermute, dass meine Wahrnehmung von einigen von Ihnen ganz anderes gesehen wird Und schon sind wir mitten in der Diskussion. Über Geld und das Umgehen mit demselben lässt sich prächtig streiten. Aber eines scheint mir unumstößlich zu sein: Unser Glaube bezieht Stellung zu gesellschaftlichen Wirklichkeiten. Hier Glaube, da Politik: das geht nicht überein mit der Botschaft Jesu.

Erzbischof Paul Richard Gallagher, der Außenminister des Papstes, hat kürzlich Politik als einen „Akt der Gerechtigkeit“ umschrieben. Unser Glaube sollte Maßstab sein und werden für eine gerechte Politik. Wenn einzig wirtschaftliches Wachstum Zielperspektive politischen Handelns ist, dann – so verstehe ich die Botschaft der heutigen Texte – dann werden wir uns verlieren; wir werden uns verrennen in einen Kreislauf des „Immer mehr“ und verlieren aus dem Blick jene, die immer weniger haben.

Jesus sagt etwas für mich sehr Bemerkenswertes: „Wer hat mich zum Richter oder Erbteiler über euch eingesetzt.“ Anders formuliert: Ihr müsst eure Angelegenheiten schon selbst regeln. Jesus nimmt die Menschen nicht aus der Verantwortung, ein gerechtes und würdevolles Leben für alle zu ermöglichen.

Aber dann – in meinen Augen ziemlich unerwartet – spricht Jesus plötzlich vom Ende, vom Tod also. Wir sollen all das, was mit Geld und Besitz und mit den damit verbundenen rechtlichen Fragen zusammenhängt, vom Ende her bedenken und dabei eines berücksichtigen: Mitnehmen können wir nichts. „Das letzte Hemd hat keine Taschen“, den Spruch kennen wir alle.

Die Frage steht also unwiderruflich im Raum: Warum ist uns Menschen Besitz so wichtig?  Vielleicht, weil wir der Überzeugung sind, wir müssten uns absichern? Ja: Wir alle wollen bis zum Ende gut leben, und ja: eine gute Rente, die uns das ermöglicht, soll allen gegönnt sein. In diesem Text aber geht es um die Anhäufung von Reichtum und Besitz, der ein angemessenes Maß überschreitet.

Geld, Gut, Besitz scheinen uns das Versprechen zu geben, es gäbe so etwas wie letzte Sicherheit in unserem Leben. Angst leitet u janser Handeln, die Angst, das Leben gleite uns aus den Händen, wenn wir es nicht festhalten. Die Angst sitzt uns buchstäblich im Nacken. Im letzten sind wir gefesselt von der Angst, dass einmal alles vorbei ist.

Ein Tier kennt nur die Angst im Augenblick der Bedrohung. Wenn die Bedrohung überwunden ist, ist bei einem Tier die Angst verflogen. Bei uns Menschen ist das anders. Angst ist ein ständiger Lebensbegleiter, wir können sie nicht abschütteln. Die Ursache liegt auf der Hand: Wir Menschen sind die einzigen Kreaturen, die um die Wirklichkeit des Todes wissen - mitten im Leben. Ein Tier, nähert es sich einem natürlichen Lebensende, zieht sich zurück, wird ruhig und konzentriert sich auf sich selbst. Bis dahin lebt das Tier, als würde es den Tod nicht geben.

Wir Menschen aber leben viel zu oft mit der Angst des Todes im Nacken tagaus und tagein, manchmal bewusster, manchmal unbewusster. Unser Besitz, sei er materieller oder geistiger Natur, wird so etwas wie ein Puffer zwischen uns und der Gewissheit des Todes, der diese Angst vergessen machen soll.

Jesus kehrt dieses menschliche Denken um: Der Tod ist das einzig sichere in unserem Leben. Diese Erkenntnis  aber soll für den, der glaubt, keine tragische Erfahrung sein, so sagt Jesus. Anstatt all unsere Gestaltungsmöglichkeit in unserem Leben darauf zu verwenden, uns gegen den Tod zu stemmen und um uns herum falsche Sicherheitsmauern zu bauen in Form von den vielerlei Bemühungen, uns hier auf Erden abzusichern, hält Jesus für uns eine andere erfüllte Lebenswirklichkeit bereit: Wir dürfen heute glücklich sein. Auch wenn der Tod uns ereilen wird, so dürfen wir doch heute glücklich sein.

Und er sagt uns auch, wie das gelingen kann: an anderer Stelle gibt er uns dazu einen ernst zu nehmenden Tipp. Er spricht nämlich davon, dass es einen vernünftigen Grund gibt, mit Geld umzugehen, ohne in den Irrsinn zu verfallen, und dass ist der, sich mit dem Mammon Freunde zu schaffen. Freunde finden sich, wenn wir selbst Freundlichkeit ausstrahlen und das, was wir haben, froh teilen, ohne Hintergedanken, ohne einen gierigen Blick auf den eigenen Nutzen. Besitzen, als besäßen wir nichts und teilen, als besäßen wir alles. Das Leben kann so einfach sein, und doch stellt diese Lebenseinsicht alles Bisherige auf den Kopf.

 

 

 

 

Datum:
So. 3. Aug. 2025
Von:
Christoph Simonsen

Lesung: Kohelet 3,1-5.9-11

1 Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit: 2 eine Zeit zum Gebären / und eine Zeit zum Sterben, / eine Zeit zum Pflanzen / und eine Zeit zum Ausreißen der Pflanzen, 3 eine Zeit zum Töten / und eine Zeit zum Heilen, / eine Zeit zum Niederreißen / und eine Zeit zum Bauen, 4 eine Zeit zum Weinen / und eine Zeit zum Lachen, / eine Zeit für die Klage / und eine Zeit für den Tanz; 5 eine Zeit zum Steinewerfen / und eine Zeit zum Steinesammeln, / eine Zeit zum Umarmen / und eine Zeit, die Umarmung zu lösen, 6 eine Zeit zum Suchen / und eine Zeit zum Verlieren, / eine Zeit zum Behalten/ und eine Zeit zum Wegwerfen, 7 eine Zeit zum Zerreißen/ und eine Zeit zum Zusammennähen, / eine Zeit zum Schweigen / und eine Zeit zum Reden, 8 eine Zeit zum Lieben / und eine Zeit zum Hassen, / eine Zeit für den Krieg / und eine Zeit für den Frieden. 9 Wenn jemand etwas tut - welchen Vorteil hat er davon, dass er sich anstrengt? 10 Ich sah mir das Geschäft an, für das jeder Mensch durch Gottes Auftrag sich abmüht. 11 Das alles hat er schön gemacht zu seiner Zeit. Überdies hat er die Ewigkeit in ihr Herz hineingelegt, doch ohne dass der Mensch das Tun, das Gott getan hat, von seinem Anfang bis zu seinem Ende wiederfinden könnte.

 

Ansprache: 

„Reichtum verpflichtet“, heißt es in einem Sprichwort. Die Quintessenz des heutigen Evangeliums könnte man vielleicht so zusammenfassen: „Reichtum verpflichtet zu Demut“.

In der Politik wird heftig über die Einführung einer Reichensteuer diskutiert. Und wenn ich eine persönliche Beobachtung wiedergeben darf: Mir erscheint es schon ziemlich unschlüssig in dieser Auseinandersetzung, dass jene, die diese ablehnen, weil sie das Wachstum der Wirtschaft negativ beeinflussen würden, eben genau die sind, die am Bürgergeld kratzen, da es die Menschen davon abhalten würde, eine angemessene Arbeit aufzunehmen. Beide Quintessenzen erscheinen mir wenig plausibel: Die Tatsache, dass ein Wachstum der Wirtschaft wirklich gefährdet wäre, wenn die Reichsten der Reichen von ihrem Überfluss nur etwas geben würden. Und genau so fragwürdig erscheint mir, arbeitsuchende Menschen  pauschal zu verurteilen, dass sie keine angemessene Arbeit annehmen würden. Wir schaukeln uns zielstrebig in eine Neidkultur hinein, die unsere Gesellschaft immer weiter auseinanderführt.

Ich vermute, dass meine Wahrnehmung von einigen von Ihnen ganz anderes gesehen wird Und schon sind wir mitten in der Diskussion. Über Geld und das Umgehen mit demselben lässt sich prächtig streiten. Aber eines scheint mir unumstößlich zu sein: Unser Glaube bezieht Stellung zu gesellschaftlichen Wirklichkeiten. Hier Glaube, da Politik: das geht nicht überein mit der Botschaft Jesu.

Erzbischof Paul Richard Gallagher, der Außenminister des Papstes, hat kürzlich Politik als einen „Akt der Gerechtigkeit“ umschrieben. Unser Glaube sollte Maßstab sein und werden für eine gerechte Politik. Wenn einzig wirtschaftliches Wachstum Zielperspektive politischen Handelns ist, dann – so verstehe ich die Botschaft der heutigen Texte – dann werden wir uns verlieren; wir werden uns verrennen in einen Kreislauf des „Immer mehr“ und verlieren aus dem Blick jene, die immer weniger haben.

Jesus sagt etwas für mich sehr Bemerkenswertes: „Wer hat mich zum Richter oder Erbteiler über euch eingesetzt.“ Anders formuliert: Ihr müsst eure Angelegenheiten schon selbst regeln. Jesus nimmt die Menschen nicht aus der Verantwortung, ein gerechtes und würdevolles Leben für alle zu ermöglichen.

Aber dann – in meinen Augen ziemlich unerwartet – spricht Jesus plötzlich vom Ende, vom Tod also. Wir sollen all das, was mit Geld und Besitz und mit den damit verbundenen rechtlichen Fragen zusammenhängt, vom Ende her bedenken und dabei eines berücksichtigen: Mitnehmen können wir nichts. „Das letzte Hemd hat keine Taschen“, den Spruch kennen wir alle.

Die Frage steht also unwiderruflich im Raum: Warum ist uns Menschen Besitz so wichtig?  Vielleicht, weil wir der Überzeugung sind, wir müssten uns absichern? Ja: Wir alle wollen bis zum Ende gut leben, und ja: eine gute Rente, die uns das ermöglicht, soll allen gegönnt sein. In diesem Text aber geht es um die Anhäufung von Reichtum und Besitz, der ein angemessenes Maß überschreitet.

Geld, Gut, Besitz scheinen uns das Versprechen zu geben, es gäbe so etwas wie letzte Sicherheit in unserem Leben. Angst leitet u janser Handeln, die Angst, das Leben gleite uns aus den Händen, wenn wir es nicht festhalten. Die Angst sitzt uns buchstäblich im Nacken. Im letzten sind wir gefesselt von der Angst, dass einmal alles vorbei ist.

Ein Tier kennt nur die Angst im Augenblick der Bedrohung. Wenn die Bedrohung überwunden ist, ist bei einem Tier die Angst verflogen. Bei uns Menschen ist das anders. Angst ist ein ständiger Lebensbegleiter, wir können sie nicht abschütteln. Die Ursache liegt auf der Hand: Wir Menschen sind die einzigen Kreaturen, die um die Wirklichkeit des Todes wissen - mitten im Leben. Ein Tier, nähert es sich einem natürlichen Lebensende, zieht sich zurück, wird ruhig und konzentriert sich auf sich selbst. Bis dahin lebt das Tier, als würde es den Tod nicht geben.

Wir Menschen aber leben viel zu oft mit der Angst des Todes im Nacken tagaus und tagein, manchmal bewusster, manchmal unbewusster. Unser Besitz, sei er materieller oder geistiger Natur, wird so etwas wie ein Puffer zwischen uns und der Gewissheit des Todes, der diese Angst vergessen machen soll.

Jesus kehrt dieses menschliche Denken um: Der Tod ist das einzig sichere in unserem Leben. Diese Erkenntnis  aber soll für den, der glaubt, keine tragische Erfahrung sein, so sagt Jesus. Anstatt all unsere Gestaltungsmöglichkeit in unserem Leben darauf zu verwenden, uns gegen den Tod zu stemmen und um uns herum falsche Sicherheitsmauern zu bauen in Form von den vielerlei Bemühungen, uns hier auf Erden abzusichern, hält Jesus für uns eine andere erfüllte Lebenswirklichkeit bereit: Wir dürfen heute glücklich sein. Auch wenn der Tod uns ereilen wird, so dürfen wir doch heute glücklich sein.

Und er sagt uns auch, wie das gelingen kann: an anderer Stelle gibt er uns dazu einen ernst zu nehmenden Tipp. Er spricht nämlich davon, dass es einen vernünftigen Grund gibt, mit Geld umzugehen, ohne in den Irrsinn zu verfallen, und dass ist der, sich mit dem Mammon Freunde zu schaffen. Freunde finden sich, wenn wir selbst Freundlichkeit ausstrahlen und das, was wir haben, froh teilen, ohne Hintergedanken, ohne einen gierigen Blick auf den eigenen Nutzen. Besitzen, als besäßen wir nichts und teilen, als besäßen wir alles. Das Leben kann so einfach sein, und doch stellt diese Lebenseinsicht alles Bisherige auf den Kopf.