FLUTKATASTROPHE

Folge 43 des Blogs "WELTEN - SPRÜNGE. Eifel, Amazonas und zurück" von Friederike Peters

Flut - Edén (Bajo Napo) (c) privat
Flut - Edén (Bajo Napo)
Datum:
Mo. 26. Juli 2021
Von:
Friederike Peters

Wie sie sich gleichen.
Während die Bilder der verheerenden Fluten in den Eifeltälern um die Welt gehen und unser Dorf auf den Hügeln verschont blieb, erreichen mich die Bilder meiner ehemaligen Nachbarn vom Napofluss.

Flut - Schutz (Eifel) (c) privat
Flut - Schutz (Eifel)

Dörfer und Felder sind vom wochenlangen Starkregen überflutet und alle warten wie gebannt darauf, ob die Gewalt des Cocaflusses das größte Wasserkraftwerk des Landes erreicht und zerstört. Damit käme eine gigantische Flutwelle über das gesamte ecuadorianische Amazonasgebiet, die Erdölpipelines würden erneut zerbrechen und tausende Liter Rohöl sich in den Wasserfluten mischen. Zurzeit ist die Erosion des Cocaflusses bis auf 8 km an das Kraftwerk herangerückt. Sie kommt täglich näher - - -

Während in den Eifeltälern und rundum viele Menschen komplett alles verloren haben, wurden die Häuser am Napofluss bisher nicht zerstört. Sie stehen auf Stelzen, um den normalen jährlichen Überschwemmungen standzuhalten, aber die Trinkwasserbäche sind geflutet und alle Felder. Die Ernte zerstört. Bananen und Maniok können dem Wasser nicht standhalten, wenn es tagelang nicht abfließen kann.

Abwechselnd lese und höre ich Nachrichten aus den Eifeltälern, wo neue Regenfälle erwartet werden und vom Cocafluss, wo man die Meter misst, zwischen Fluss und Kraftwerk. Dazwischen die wenigen Bilder, die die Nachrichtensperre unterlaufen konnten, von gigantischen Fluten in Zentralchina. Die Folgen der Klimazerstörung zerstören uns. Mal trifft es diese, dann die anderen, dann uns. Wir haben nur diese eine Erde und wir leben mitten drin.

MACHT und OHN-MACHT treffen direkt und unvermittelt aufeinander.
Was mich in der Eifel in diesen Tagen am meisten beeindruckt, sind die Menschen, die anpacken ohne Eigenwerbung, Propaganda und Schaulust, die Menschen, die etwas machen trotz Ohn-Macht.
Als die Tierärztin nach der Adresse fragt, zeigt der Hundebesitzer auf den Kofferraum seines Autos und sagt: "Das ist meine Adresse. Eine andere habe ich nicht mehr." Die Tierarztpraxis, nimmt Tiere auf von den Menschen, die ihre Haustiere nicht mehr selbst versorgen können.
Helfer finden beim Räumen ein Klavier halb unter Wasser und Schlamm. Jemand fängt an zu spielen, andere kommen dazu. Wassermusik im Wahn-Sinn. Wir sind noch am Leben - sagen viele der Betroffenen. (nach: SWR)
Eine Bekannte, die sich als Helferin zur Verfügung gestellt hat, soll einen völlig verschlammten Kühlschrank auf die Straße stellen. Der alte Mann sagt: "Da drin sind noch die Dosen, die meine Frau so gern hat. Können Sie die nicht rausholen?" Die Helferin öffnet den Kühlschrank. Es stinkt bestialisch. Seit Tagen gibt es keinen Strom. Alles ist verschimmelt. Sie bringt mit anderen den zerstörten Kühlschrank und die Essensreste auf den Müllberg, der jetzt dort wächst, wo einmal eine Straße war. Die Dosen wäscht sie im schlammigen Wasser nebenan und gibt sie dem Mann zurück, der in den Ruinen seines Hauses steht. Von draußen ruft jemand: "Hast du nichts Besseres zu tun?" Nein, hat sie nicht!!!
WIR SIND NOCH AM LEBEN.