„Wer angreift, will das Leben der anderen vernichten"

Ein Höhepunkt des Gottesdienstesa: Als Zeichen des Friedens überreichte Tetyana Lutsyk eine Blume an Bischof Dieser. (c) Bistum Aachen /Christian van t´Hoen
Ein Höhepunkt des Gottesdienstesa: Als Zeichen des Friedens überreichte Tetyana Lutsyk eine Blume an Bischof Dieser.
Datum:
Mo. 26. Feb. 2024
Von:
Kommunikationsabteilung

„Das aber ist und bleibt auch der entscheidende Unterschied zwischen einem Angriffskrieg und einem Verteidigungskrieg. Wer sich verteidigt, kämpft zuallererst um sein Überleben und das seines Landes. Wer angreift, will zuallererst das Leben der anderen vernichten und das angegriffene Land zerstören": Der Aachener Bischof Dr. Helmut Dieser findet deutliche Worte zum Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine. Mit dem ukrainischen Pfarrer Roman Horodetskyy und mehr als 200 Menschen, vorwiegend Flüchtlingen aus der Ukraine, feierte er einen Gottesdienst im Aachener Dom. Gemeinsam setzten sie alle ein Zeichen für Frieden und Gerechtigkeit. 

Ganz besonders dankte Bischof Dieser allen, „die Hilfe für die ukrainischen Geflüchteten bei uns organisieren, die sich für die Überwindung der Propaganda und der Gewalt einsetzen, die um den Frieden beten, die für eine Zeit nach dem Krieg vorausdenken und für ein neues Zusammenleben der Völker schon jetzt Gutes tun auch denen, die der Propaganda ausgeliefert sind und sie unterstützen und Unrecht tun."
Warum dieser Gottesdienst für die Menschen, die vor Krieg und Gewalt aus der Ukraine geflüchtet sind, so wichtig ist , erklärten Dr. Olena Pich und Uljana Schulmayer eindrucksvoll:

 

 

Uljana Schulmayer:

„Der heutige Gottesdienst ist ein Grundbaustein dessen, was viele sich wünschen – ein friedliches Miteinander. 
Oft ist es schwer, Mitgefühl zu zeigen, da jede und jeder von uns ihr und sein Päckchen trägt. Seit dem 24. Februar 2022 bin ich überwältigt vom Mitgefühl der ganzen Welt als der Krieg in der Ukraine begann, obwohl wir uns schon seit 2014 im Krieg befanden. 
Für mich sind viele Dinge, die uns im Internet oder in den Nachrichten gezeigt werden, schwer zu verstehen, aber auch schwer zu sehen. Es ist manchmal schwer, sich zu freuen, wenn es so viel Leid und Heimatlosigkeit auf der Welt zu sehen gibt. Deshalb haben wir seit 2022 eine griechisch-katholische Gemeinde in Aachen: Ein Auffangbecken für diejenigen, die Ruhe suchen.Ein Auffangbecken für diejenigen, die eine Familie brauchen. Ein Auffangbecken für diejenigen, die eine Heimat brauchen.
Für mich ist die Kirche ein Zuhause für alle, die in Frieden und Liebe leben wollen, aber auch für diejenigen, die Glaube und Hoffnung verloren haben.
Es ist wichtig, dass wir alle zusammenhalten! In Zeiten wie diesen ist es aber auch wichtig, eine Stütze für diejenigen zu sein, die nicht wissen, wohin sie gehen sollen."

Dr. Olena Pich

„Ich möchte jedem einzelnen von Ihnen danken, der heute gekommen ist, um für den Frieden in der Ukraine zu beten. 
Leider dauert dieser schreckliche Krieg nun schon zwei Jahre an, und wir dürfen nicht eine einzige Minute oder Sekunde lang vergessen, dass Menschen sterben, die bereit sind, ihr Leben für den Frieden in der Ukraine und in der ganzen Welt zu geben. Sie verteidigen an vorderster Front unsere Demokratie und unsere Werte. 
Wir können ihnen nicht auf dem Schlachtfeld helfen, aber wir haben viele andere Möglichkeiten, die Ukraine zu unterstützen. Eine davon ist das gemeinsame Gebet um Hilfe, zu unserem Vater im Himmel.
Unser Gebet hat die Kraft, alle Schwierigkeiten zu überwinden und Menschen auf den richtigen Weg zu bringen."

 

 

Wie groß ist die Macht politischer Propaganda?

Wie groß ist die Macht politischer Propaganda? Dieser Frage ging Helmut Dieser in seiner Predigt nach. (c) Bistum Aachen /Christian van t´Hoen
Wie groß ist die Macht politischer Propaganda? Dieser Frage ging Helmut Dieser in seiner Predigt nach.

Wie groß ist die Macht politischer Propaganda? Dieser Frage ging Helmut Dieser in seiner Predigt nach. Propaganda hat die Macht, Menschen bei der Stange zu halten und an Ketten zu legen. Sie kann aufwiegeln und sogar zu Verbrechen anstacheln. Sie kann Krieg und Terror für das einzig Richtige erklären und alternativlos erscheinen lassen. Die Erzählung läuft dabei immer nach dem selben Muster ab: Die anderen sind schuld. „In Russland glaubt eine große Mehrheit der Bevölkerung, dass der Westen schuld sei am Angriffskrieg gegen die Ukraine. Im Heiligen Land gibt es Propaganda gegen Israel, gegen Jugend ganz allgemein, dass sie schuld an allem seien, und umgekehrt gibt es Propaganda gegen den Islam und gegen die Menschen in Palästina, dass sie schuld seien am Terror der Hamas“, sagt Bischof Dr. Helmut Dieser beim Gottesdienst im Aachener Dom. 

Gott ist barmherzig, kämpft für das Leben und das Überleben.

Der ukrainische Chor „Paragraph 24“ unter der Chorleitung Sofia Savchuk gestaltete den Gottesdient mit, Er ist ein Projekt des deutsch-ukrainischen Verein „Ukrainer in Aachen e.V.“. (c) Bistum Aachen /Christian van t´Hoen
Der ukrainische Chor „Paragraph 24“ unter der Chorleitung Sofia Savchuk gestaltete den Gottesdient mit, Er ist ein Projekt des deutsch-ukrainischen Verein „Ukrainer in Aachen e.V.“.

Was dabei völlig übersehen werde, seien die Menschen, die still unter der Propaganda und ihren Folgen leiden. Die Men­schen in der Ukraine, die schon zwei Jahre Krieg aushalten, die ge­flüchtet sind, die ihre Angehörigen verlieren, die an die Front müssen. Auch in Russland gebe es viele Menschen, die still unter der Politik ih­rer Re­gierung und dem Angriffs­krieg leiden. In Israel leiden die, die durch den Terrorangriff am 7. Oktober traumatisiert sind und ihre An­gehöri­gen verloren haben oder sie noch immer in der Gewalt der Ha­mas wis­sen. Im Gazastreifen leiden die unzähligen Menschen, die rechtlos und unwürdig hin und her vertrieben werden, die Hab und Gut verlieren, in aussichtslose Not geraten und ebenfalls un­zählige Tote zu beklagen haben. „Sie alle kommen in der Propaganda nicht vor. Sie geraten alle unter ihre Räder. Sie werden stumm gemacht und wirkungslos“, so der Aachener Bischof weiter. 
Schlimmer noch: Auch Gott wird für die Propaganda missbraucht: „Wir sehen es heute in der Propaganda des russisch-ortho­doxen Patriar­chen Kyrill, der den Angriffskrieg gegen die Ukrai­ne mit Gott begründet. Wir sehen es im Islam, wenn Gott angerufen wird zur Begründung von Terror, und wir sehen es bei radikalen jü­di­schen Siedlern, die das Heilige Land von Gott nur für Israel reser­viert erklären und deshalb Gewalt gegen die anderen ausüben wollen.“
Doch Gott ist all das nicht. Im Gegenteil: Er ist barmherzig, kämpft für das Leben und das Überleben. Diese Barmherzigkeit gilt allen. „Deswegen müssen wir und werden wir nicht hassen! Sondern geben: unsere Gebete, unsere Hoff­nung, die Taten unserer Barmherzigkeit, ja uns selbst.“

 

 

Impressionen des Gottesdienstes

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