„Bei Krankheit, Sterben und Tod wird das Geheimnis des Lebens berührt.“

Patrick Wirges (c) Kirche an der Himmelsleiter
Patrick Wirges
Datum:
Do. 27. Okt. 2022
Von:
Stabsabteilung Kommunikation

Drei Fragen an Patrick Wirges zur Hospizseelsorge.

Hospizseelsorge ist neben der Krankenhausseelsorge ein eigenes Feld und konzentriert sich besonders auf die Begleitung Sterbender und ihrer Angehörigen. Wie sind Sie zu dieser Aufgabe gekommen?

Mit dem Haus Hörn beherbergt Aachen seit 1986 das erste und somit älteste Hospiz Deutschlands. Es wurde damals noch gegen teilweise beträchtlichen gesellschaftlichen und auch kirchlichen Widerstand u.a. mit Unterstützung der Oratorianer des hl. Philipp Neri gegründet. Im Sommer 2015 ist im Aachener Süden mit dem Hospiz am Iterbach eine zweite Einrichtung im Stadtteil Walheim eröffnet worden. Trägerin ist hier die Home Care Betreibergesellschaft als gemeinnützige GmbH. Aus einem Kennenlern-Besuch des Pastoralteams an der Himmelsleiter entwickelte sich schnell ein guter Kontakt. Seitdem bin ich für das Hospiz ein katholischer Ansprechpartner, wenn Gäste sich Seelsorge wünschen. Ich komme bei Bedarf und auf Wunsch, unabhängig von der Konfessions- oder Religionszugehörigkeit, in der Regel einen halben Tag in der Woche, wenn nötig und möglich aber auch kurzfristig. Durch eine Fortbildung konnte ich mich weiter für diese besondere Aufgabe qualifizieren und sie auch als Praxisfeld beibehalten, als ich die Einsatzstelle wechselte. Für mich ist es ist eine wertvolle und erfüllende Arbeit.

Wie sieht die Arbeit im Hospiz konkret aus?

Ich komme auf Wunsch ins Haus. Der Soziale Dienst des Hospizes erfragt bei einer Aufnahme auch spirituelle Bedürfnisse und informiert mich, wenn ein Gast ein Gespräch mit mir als Seelsorger oder z.B. eine Krankenkommunion wünscht. Für Krankensalbungen sind unter anderem Priester der GdG ansprechbar, manchmal gibt es auch bestehende Kontakte zu Seelsorgenden des Wohnortes, was dann ein Idealfall ist. Manche Gäste sehe ich nur ein einziges Mal, andere treffe und begleite ich über mehrere Wochen, seltener über Monate. Themen und Anliegen bringe ich nicht mit, aber Zeit, ein offenes Ohr und meine Aufmerksamkeit. Mit mir kann man beten, muss es aber nicht. Und gleichzeitig steht auf meinem Namensschild "Seelsorger“, d.h. das Thema Glaube und die Frage nach dem Tod ist immer auch da. Hier und da ergeben sich zusätzlich Gespräche mit Angehörigen und eine Begleitung beim Abschied am Sterbebett. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie hilfreich und tragend gerade in einem solchen, nicht planbaren Moment eine achtsame Präsenz sein kann. Schmerz und abgrundtiefe Trauer wie auch Erleichterung und ein Gefühl von Erlösung brauchen dann Raum und Ausdruck. Ein Ritual mit Sterbesegen oder persönliche Zuwendung können da Halt geben. Seelsorge bietet hier – manchmal nur durch ihr Da-Sein – Trost und Hoffnung an. Die allermeisten Menschen, die ich im Hospiz kennenlerne, sind sehr, sehr dankbar dafür, dass es diesen Ort gibt. Ich auch!

Seit 2010 ist es das Anliegen des Arbeitskreises Hospiz, die Hospizseelsorge als wichtiges Arbeitsfeld für Seelsorge hervorzuheben und in der Palliativarbeit die spirituelle Seite zu stärken. Wie kann dies konkret geschehen?

Ich sag’s mal mit einem Buchtitel: bei Krankheit, Sterben und Tod wird das Geheimnis des Lebens berührt. Wenn Spiritualität zum Menschen gehört, dann auch zu seinem Sterben – egal ob in religiöser oder in nicht-religiöser Form. In den letzten dreißig Jahren ist mit der großen, wachsenden und über- bzw. unkonfessionellen Hospizbewegung etwas Neues und Notwendiges entstanden, das – nach meinem Verständnis – ein Segen ist. Im 'Arbeitskreis Hospiz' des Bistums sind kirchliche Akteure aus verschiedenen Bereichen vernetzt und bringen das Thema auch innerkirchlich voran: mit der Organisation eines diözesanen Hospiztages für ehrenamtlich und hauptamtlich Engagierte alle zwei Jahre oder durch Befähigungskurse 'Spirituelle Begleitung'. Durch die Bearbeitung von Fragen und Themen aus dem Feld der Hospizarbeit oder z.B. konkret in der Erstellung und Einführung eines offiziellen 'Sterbesegens' für das Bistum Aachen, der auch Pflegenden, Ärzten, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern oder Helfenden an die Hand gegeben werden kann. Schließlich durch das Werben für Personaleinsatz in Hospizen oder auch der ambulanten Hospizarbeit, den es derzeit weder selbstverständlich noch flächendeckend im Bistum gibt. Der Tod ist ein Lebensthema und Seelsorge im Hospiz somit in vielfacher Hinsicht ein Zukunftsthema.

 

Patrick Wirges war bis Ende 2020 als Pastoralreferent in der GdG Aachen-Kornelimünster/Roetgen an der Himmelsleiter tätig und ist heute Leiter der Fachstelle für Exerzitienarbeit im Bistum Aachen