Ansprache zum Palmsonntag 2025

Datum:
So. 13. Apr. 2025
Von:
Christoph Simonsen

Ansprache Palmsonntag 2025:

 

In dieser heiligen Woche ereignet sich das, was unseren christlichen Glauben einzigartig macht: wir gedenken des sinnlosesten Todes, den ein Mensch sich vorstellen kann. Ein Tod, der aus Willkür, aus Lust, aus Berechnung einfach so herbeigeführt wurde, weil ein System die Macht hatte und diese auch nutzte, einem einzelnen Menschen das Genick zu brechen. Damals war das gewöhnlich und heute ist es das immer noch. Der Beispiele gibt es genug.

 

Jesus verweigert sich den gesellschaftlichen Gepflogenheiten. Ihm geht es nicht um Status und Anerkennung. Die Zeichen, die er setzt, sollen nicht auf ihn verweisen, sollen nicht ihn groß machen. Die Zeichen, die er setzt, verweisen auf die anderen, auf die, die keinen Status haben, auf die Rechtlosen, die Besitzlosen, die Machtlosen, die Heimatlosen. Jesus geht es nicht um Sieg oder Niederlage, sondern um Wahrheit und Gerechtigkeit? Wer nimmt einen solchen Menschen ernst, der sich strikt weigert, die Realität als einzige Wirklichkeit anzuerkennen und aus der Überzeugung lebt, dass Menschlichkeit auch eine Realität ist, selbst wenn sie sich nicht durch Gewinnskalen messen lässt.

 

Es ist so paradox: Die Menschen, denen das Leben anvertraut ist; die Menschen, die die Gabe und die Fähigkeit haben, dem Leben Ausdruck und Gestalt zu geben, die Menschen sind so blind.  Den, den sie staunend bejubeln, weil er dem Leben so viel heilmachendes und starkmachendes abgerungen hat, weil er so viel Vertrauen und Zärtlichkeit in die Welt hineingelegt hat, den jagen und verurteilen sie, weil er ihnen nicht geheuer ist, weil sie nicht glauben können, dass man mit einem offenen Herzen und mit einem verständnisvollen Geist durchs Leben gehen kann, ohne für geisteskrank und liebestoll gehalten zu werden. Weil die Menschen ihrer eigenen Sehnsucht nicht trauen und deshalb lieber in der Welt verharren wollen, in der die Stärke den Ton angibt, verraten sie den, der die Welt zum Schutzraum der Schwachen umgestalten wollte.

 

In der Welt des Kämpfens, davon sind die Menschen überzeugt, da hätten sie eine Chance zu gewinnen, auch unter der Tragik, dass dann halt andere verlieren. Eine Welt ohne Kampf können sie sich nicht vorstellen. Deshalb kämpfen sie und ringen um die Vorherrschaft über andere, weil sie nicht verlieren wollen. Ein Mensch, der nicht kämpft, der hat verloren. Das glauben sie und danach leben und handeln sie. Sie vergeuden ihre Kräfte für einen sinnlosen Kampf. Denn in ihrem Bewusstsein mögen sie zwar die Stärkeren sein, im letzten aber fallen sie zu guter Letzt in eine tragische Einsamkeit.

 

Jesus kämpft mit anderen Mitteln, weil er ein anderes Ziel im Sinn hat. Er kämpft mit der Macht der Liebe, er liebt die Welt und die Menschen. Das mag verrückt sein. Aber lieber verrückt, davon ist er überzeugt; lieber verrückt als verkommen.