Wenn wir auf das Pontifikat des verstorbenen Papstes Franziskus zurückschauen, war es von einer großen Freiheit geprägt.
Der aus Argentinien stammende Papst hat gleich von Beginn seines Amtes an mit so manchen Konventionen gebrochen. Er trat ohne die bisher üblichen päpstlichen Gewänder vor die wartende Menge, bezahlte selbst seine Hotelrechnung, wohnte nicht in den päpstlichen Gemächern, sondern im Gästehaus Santa Martha, hatte in Rom seinen Lieblingsplattenladen und seine Lieblingseisdiele. Noch viele Beispiele wären aus seinem Pontifikat zu erzählen, bis hin zu seinem letzten Wunsch, nicht im Petersdom begraben zu werden, sondern in der Basilika Santa Maria Maggiore.
In dieser Freiheit ist er dem heiligen Philipp Neri sehr ähnlich, dessen Fest wir im Mai feiern. Auch er hatte nicht viel übrig für die Konventionen seiner Zeit, wie viele Geschichten aus seinem Leben illustrieren. So erzählt man sich, dass er den Kardinalshut, den ihm der Papst schicken ließ, in die Luft warf mit dem Ruf „Paradiso, paradiso!“ Und viele seiner Scherze dienten dazu, den Eindruck zu zerstreuen, der sich langsam in Rom breit machte, er sei ein Heiliger. So lief er einmal mit einem Kissen auf dem Kopf durch Rom oder er rasierte sich ein andermal nur den halben Bart. Er zupfte bei einem Besuch im Vatikan die Schweizer Gardisten am Bart und so weiter und so weiter.
Wenn wir nach dem Grund dieser großen Freiheit fragen, finden wir die Antwort im Johannesevangelium: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht“ (Johannes 15, 5). Sowohl Philipp als auch Franziskus lebten in einer tiefen Christusbeziehung. Daraus erwuchs ihnen ihre große Freiheit: Wenn Christus sich um mich sorgt, brauche ich mich nicht um mich zu sorgen. Wenn Christus mich anschaut, mir Ansehen verleiht, brauche ich mich nicht um das Ansehen bei den Menschen zu sorgen. Wenn mich der Herr ernst nimmt, brauche ich mich selbst nicht allzu ernst zu nehmen.
Wie kann ich nun dieser Freiheit näherkommen?
Wie kann meine Verwurzelung in den Weinstock Christi immer tiefer werden?
Vier Punkte fallen mir da ein:
1. Das Lesen in der Heiligen Schrift hilft mir,
immer vertrauter mit Jesus zu werden.
2. Mir im Gebet Zeit für Jesus zu nehmen, hilft mir,
die Beziehung mit Jesus zu pflegen und zu vertiefen.
3. Die Feier der Sakramente hilft mir,
bewusst in und aus der Nähe mit Jesus zu leben.
4. Die Übung der Dankbarkeit hilft mir,
die Gegenwart Jesu in meinem Leben und in meinem Alltag zu entdecken.
So können wir nach und nach der Freiheit näherkommen, die das Leben und das Pontifikat von Franziskus und auch das Leben und Werk des heiligen Philipp Neri geprägt hat.
P. Bernd Schmitz CO