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6. Sonntag im Jahrekreis, Lesejahr A // Meditation zur 2. Lesung

Datum:
Sa. 15. Feb. 2020
Von:
Annette Jantzen

"Der Geist ergründet nämlich alles, auch die Tiefen Gottes."

"Gott ist Gott als Geist-Weisheit [die wir auch Sophia nennen können], der bewegliche, reine, menschenliebende Geist, der jede noch so erbärmliche Ecke durchdringt, über Verschwendung klagt und die Kraft freisetzt, die einen neuen Anfang ermöglicht. Ihre Energie regt die Erde zum Leben an, ihre Schönheit leuchtet in den Sternen, ihre Kraft bricht in jedem Bruchstück von Schalom und Erneuerung hervor, das an Schauplätzen von Gewalt und Sinnlosigkeit aufleuchtet. Von Generation zu Generation geht sie in heilige und nicht so heilige Seelen ein, um aus ihnen Befreundete Gottes und Prophetinnen und Propheten zu machen; daurch gewinnt sie Menschen als Verbündete des göttlichen Heilswillens. Wir können sagen: Sophia-Gott weilt im Zentrum und am Rande der Welt - eine aktive Lebendigkeit, die in Wehen liegend aufschreit und die neue Schöpfung gebiert. Feuer, Wind, Wasser und die Farbe Lila sind ihre Zeichen.

Gott ist Gott wiederum als Jesus Christus, Sophias Kind und Prophet [...] Das Leben dieses gekreuzigten Propheten, der von den Toten auferstanden ist, offenbart die Form der Liebe, die die Heilige Weisheit für die Welt empfindet. Diese Liebe engagiert sich und nimmt teil; sie hat ihre wahre Freude, wenn Ausgestoßene in der inklusiven Tischgemeinschaft gespeist werden; sie erleidet die Verbannung an die Ränder der Niederlage durch herrschende Gewalt; und sie erreicht eine neue Art von Fortschritt im großen "Trotzdem"  der Auferstehung. Wir können sagen: Gott ist unwiderruflich mit Freud und Leid der menschlichen Geschichte im Fleisch verbunden; in der Kraft des Geistes nimmt Jesus jetzt eine neue gemeinschaftliche Identität als der auferstandene Christus an, der Leib all jener Frauen und Männer, die durch mitfühlende, jubilierende und leidende Liebe an der Veränderung der Welt teilhaben. [...]

Gott ist Gott wiederum als unvorstellbarer Abgrund der Lebendigkeit, unbegriffene und unbegreifbare Heilige Weisheit. Sie ist die Matrix aller Existenz, Mutter und Gestalterin aller Dinge, die ihrerseits in unerreichbarem Licht weilt. Ohne diesen ruhenden Pol der kreisenden Welt wäre der Tanz nicht - und es gibt nichts als den Tanz; ohne Stille gäbe es Musik oder Wort nicht, durch die wir sie hören können; ohne diese Verfinsterung würden die Strahlen ihres feurigen Geistes die Welt verzehren. Wir können sagen: Heilige Weisheit ist ein verborgener Gott, das absolute heilige Geheimnis. Und dies ist ein absolut heiliges Geheimnis der Liebe, das die Heilung und Befreiung der Welt durch alle Rückschläge und Niederlagen der Geschichte unbedingt will."

Aus: Elizabeth A. Johnson, Ich bin die ich bin. Wenn Frauen Gott sagen, Düsseldorf 1994, S. 288-290.