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Pia Hamm als Freiwillige der Steyler Missionsschwestern in Ost-Timor:MaZ am anderen Ende der Welt

Pia Hamm mit einigen Schwestern in Ost-Timor.
Datum:
2. Okt. 2025
Von:
Carina Delheit

Hätte mir jemand früher einmal versucht zu erzählen, dass ich bald für ein ganzes Jahr auf einer kleinen Insel mitten im Pazifik leben würde, hätte ich das wahrscheinlich für unmöglich gehalten. Und doch sitze ich jetzt hier, ungefähr anderthalb Monate nach meiner Ankunft in Timor-Leste, und versuche in Worte zu fassen, was bisher alles passiert ist.

Ein kleiner Rückblick

Unser Abenteuer begann, als wir vor anderthalb Monaten in Dili ankamen. Schon gleich zu Beginn wurden wir herzlich von den Schwestern aufgenommen. Ehe wir uns versahen, waren wir mitten in den Vorbereitungen für ein großes Fest: gefeiert wurde gleich doppelt – 150 Jahre Steyler Missionare und 50 Jahre Steyler Missionare und Missionsschwestern in Timor-Leste. Die Feierlichkeiten zogen sich über eine ganze Woche, und wir mittendrin. Wir haben mitgefeiert, mitgetanzt, mitgesungen und mitgeholfen. Es war bunt, fröhlich und hat uns sofort das Gefühl gegeben, angekommen zu sein.

Neben den Festlichkeiten mussten wir uns zudem um unser Visum kümmern. Für uns und auch für die Schwestern war es das erste Mal, ein Freiwilligenvisum zu beantragen. Nach anfänglichen Verwirrungen, welche Dokumente benötigt werden und welche nicht, haben wir das aber auch hinbekommen.

Ansonsten haben wir die Zeit in Dili genutzt, um uns schon mal ein bisschen in den timoresischen Alltag einzuleben. Wir haben mitgelebt, mitgebetet, den Tagesablauf kennengelernt und vor allem versucht, uns in die Sprache Tetum einzufinden.

Ankunft in Atabae

Nach den ersten Wochen in der Hauptstadt sind wir inzwischen nach Atabae weitergezogen. Von der belebten Stadt, wo an jeder Ecke Musik zu hören ist, hinein in eine ländliche Umgebung, wo man abends beim einschlafen das Meeresrauschen hören kann.

Atabae ist ein größeres Dorf zwischen Meer und Reisfeldern, bestehend aus einer lockeren Ansammlung von Häusern. Die meisten Menschen hier leben von der Landwirtschaft oder vom Fischen. Wir wohnen zusammen mit den Schwestern auf dem Gelände der Schule, in der wir auch arbeiten.

Unser Tag beginnt früh um 5.30 Uhr mit dem gemeinsamen Morgengebet und der anschließenden täglichen Messe. Zugegeben, das frühe Aufstehen war am Anfang gar nicht so leicht, aber inzwischen klappt es schon ganz gut.
Nach einem schnellen Frühstück beginnt um 8 Uhr die Schule. Sie umfasst derzeit den Kindergarten sowie acht Jahrgangsstufen. Insgesamt besuchen rund 200 Kinder die Schule.

Eine unserer Aufgaben wird das Englisch-Unterrichten sein, zunächst gemeinsam mit den Schwestern und später vielleicht auch alleine. Am Anfang hatte ich ein bisschen Respekt davor, weil weder Englisch noch Tetum meine Muttersprache und mein Tetum dazu auch noch nicht so gut ist. Aber nachdem am ersten Tag, bei einem kurzen Unterrichtsbesuch, die Schüler*innen „Head, shoulders, knees and toes“ mitgesungen haben, hat mir das ein bisschen Mut gemacht. Trotzdem bin ich froh, dass wir gerade am Anfang noch viel Unterstützung durch die Schwestern bekommen.

Daneben helfen wir dort, wo es gerade nötig ist. Beim Heimbringen der Schüler*innen mit den Schulautos, in der Schulkantine, beim Kochen in der Kommunität oder im Garten der Schwestern. Eigentlich gibt es immer etwas zu tun.

Sprache – ein tägliches Abenteuer

Relativ schnell wurde klar: Sprache ist hier der Schlüssel zu allem. Die Menschen in Timor-Leste sind unglaublich kommunikativ, sie reden gerne und viel.
Doch die meisten sprechen kaum Englisch, höchstens ein paar Sätze. Einige Schwestern haben es zwar in Australien gelernt oder Kurse besucht, aber oft fehlt ihnen die Praxis. Natürlich hatten wir uns schon vor unserer Ankunft darauf vorbereitet und mit Grammatik und Wörterbuch versucht Tetum zu lernen. Aber schnell wurde klar, dass es im Alltag noch einmal ganz anders ist.

Also hieß es: Tetum lernen! Das war aber dann doch gar nicht so einfach. Tetum hat wenig Grammatik. Zum Beispiel gibt es kein eigenes Wort für „sein“, man lässt es einfach weg. Außerdem spricht jeder Landesteil noch seinen eigenen Dialekt, der sich so stark unterscheidet, dass selbst Timoresen untereinander die jeweiligen anderen Dialekte nicht verstehen können. Je nach Gesprächspartner werden uns die Zahlen auf Tetum, Portugiesisch oder Indonesisch gesagt.
Manchmal ist in meinem Kopf echt ein ganz schönes Sprachchaos entstanden.
Trotzdem: nach einigen Wochen können wir uns schon ganz gut verständigen, auch wenn noch lange nicht alles perfekt läuft.

Zwischenfazit

Die ersten Wochen hier waren unglaublich intensiv. Einerseits habe ich das Gefühl, gerade erst angekommen zu sein, andererseits kommt es mir schon wie eine kleine Ewigkeit vor, weil so viel passiert ist.

Natürlich ist nicht immer alles einfach. Das Jahr stellt uns alle hier vor viele Herausforderungen, und ich weiß noch nicht genau, was alles auf uns zukommen wird. Aber schon jetzt merke ich, dass ich das Land und die Menschen sehr ins Herz geschlossen habe. Man spürt die Geschichte des Landes. Erst die portugiesische Kolonialzeit und anschließend die indonesische Militärherrschaft. Timor-Leste ist noch ein sehr junges Land, das sich im Aufbau befindet. Und trotz der schweren Vergangenheit sind die Menschen hier glücklich, tatkräftig und voller Lebensfreude.

Genau das macht mir Mut: Trotz aller Schwierigkeiten versuchen sie, das Beste draus zu machen und das Leben zu genießen. Und auch wenn es manchmal herausfordernd ist, merke ich jeden Tag, dass ich hier unglaublich viel lernen darf. Über das Land, über die Menschen und nicht zuletzt über mich selbst.

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