Text: Christian Fürchtegott Gellert (1757)
Musik: Peter Sohren (1668/1704)
Text
- Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht, die Weisheit deiner Wege, die Liebe, die für alle wacht, anbetend überlege: So weiß ich, von Bewundrung voll, nicht, wie ich dich erheben soll, mein Gott, mein Herr und Vater.
- Wer misst dem Winde seinen Lauf? Wer heißt die Himmel regnen? Wer schließt den Schoß der Erde auf, mit Vorrat uns zu segnen? O Gott der Macht und Herrlichkeit, Gott deine Güte reicht so weit, so weit die Wolken reichen.
- Dich predigt Sonnenschein und Sturm, dich preist der Sand am Meere. Bringt, ruft auch der geringste Wurm, bringt meinem Schöpfer Ehre! Mich ruft der Baum in seiner Pracht, mich ruft die Saat, hat Gott gemacht: Bringt unserm Schöpfer Ehre.
Hintergrund
Auf den Dichter, Theologen und Wissenschaftler Christian Fürchtegott Gellert geht der Text des Schöpfungsliedes „Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht“ zurück. Gellert, der nach seinem Theologiestudium nicht protestantischer Pfarrer werden, sondern sich der Wissenschaft widmen wollte, schafft mit seinem Text die Verbindung zwischen der rationalen Betrachtung der Schöpfung im Sinne eines aufklärerischen Denkens, und der persönlichen (religiösen) Erkenntnis, dass hinter dem Bauplan der Welt ein allumfassender Schöpfer steht, den es mit den begrenzten menschlichen Ausdrucksformen zu loben gilt. Dabei breitet er fast das gesamte Spektrum der Schöpfung, vom Himmel, der Sonne, dem Wind, dem Wurm bis hin zum Menschen, der vermeintlichen Krönung der Schöpfung aus. Dabei stellt er gerade in der zweiten und dritten Strophe die Frage nach dem Ursprung der Schöpfung durch die wiederkehrende Verwendung des Fragewortes „Wer?“ Mit Blick auf den Menschen, der geprägt von Geist und Verstand ein „täglicher Beweis“ von Gottes „Güt und Größe“ ist, sind aus heutiger Sicht in Anbetracht der Weltereignisse kritische Fragen berechtigt. Nichts desto trotz ist dieses Lied ein gelungener Lobpreis auf die Allmacht Gottes, die der Mensch in seiner Unvollkommenheit anerkennen und dazu bringen sollte, „… und alle Welt sag Amen“ (Ps.150) zu sagen. Im Sinne des aufklärerischen Denkens hat das Lied somit auch einen pädagogischen Charakter.
Melodie
Zeichnet man die Melodie, die auf Peter Sohren (1668) zurückgeht, nach, so spiegelt sich der Aspekt der Allumfänglichkeit in der Musik: Nachdem zweimal auftaktig und mit eingängigem, signalhaftem Quartsprung der „Blick nach oben gerichtet wird“, bringt die dritte Textzeile die melodische Wendung gleichsam in „die Niederungen“ des Daseins, bevor sich – bezogen auf die erste Strophe – die Melodie wieder „erhebt“ und den globalen Kreis schließt.
Michael Hoppe