Am Donnerstag, 20. Juni 2024, hat der Hauptausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags auf Antrag einer Fraktion überraschend eine Sachverständigenan-hörung zur Aufhebung des preußischen Vermögensverwaltungsgesetzes (VVG) angesetzt. Diese Entwicklung bedeutet für das wichtige kirchliche Projekt eine Verzögerung um mehrere Monate.
Diese Entscheidung ist angesichts der bisherigen Absprachen unerwartet: Die NRW-Staatskanzlei hatte die Rechtslage in Abstimmung mit den Fraktionen von CDU, Grünen, SPD und FDP durch ein Sachverständigengutachten des Kölner Staatsrechtlers Markus Ogorek prüfen lassen. Wesentliches Ergebnis: Das staatliche Vermögensver-waltungsgesetz ist verfassungswidrig und bedarf der Aufhebung durch den NRW-Landtag. Nicht zuletzt aufgrund dieses Gutachtens wurde im Vorfeld seitens der Landtagsfraktionen versichert, von der Beantragung einer Sachverständigenanhörung abzusehen.
Vor dem Hintergrund dieser veränderten Sachlage erfolgt die zweite Lesung der Gesetzesänderung im Landtag voraussichtlich erst im September / Oktober 2024. Die NRW-(Erz-)Bistümer haben sich darauf verständigt, die kirchlichen Regelungen gegenwärtig nicht vor der Aufhebung des staatlichen Rechts in Kraft zu setzen. Daher verschiebt sich der Start des „Kirchlichen Vermögensverwaltungsgesetzes“ voraussichtlich auf Oktober / November 2024.
Im Hinblick auf die für den Herbst 2025 geplanten Kirchenvorstandswahlen ergeben sich durch diese Verschiebung keine negativen Auswirkungen.
In einem umfangreichen Konsultationsprozess hatten alle Kirchengemeinden und Gremien in NRW bis Ende September 2022 Gelegenheit, ihre Vorstellungen zum kirchlichen Gesetzentwurf einzubringen. Die Zusage von Transparenz und Partizipation konnte so eingelöst werden. Dank der umfangreichen und praxiskundigen Resonanzen konnten wichtige Rückschlüsse darauf gezogen werden, wie das Projekt und die bisherigen Regelungsvorschläge an der Basis wahrgenommen werden.
Im Rahmen einer umfassenden Auswertung sind alle Rückmeldungen gesichtet und bewertet worden. Auch Fachleute aus dem Staatskirchen- und Kirchenrecht wurden einbezogen und der Gesetzentwurf entsprechend überarbeitet. Dabei konnte naturgemäß nicht jedem Anliegen gleichermaßen Rechnung getragen werden. Im Mittelpunkt stand insbesondere eine breite Akzeptanz der Neuregelungen.
Die auf die Konsultationsphase hin überarbeiteten Gesetzentwürfe sind im Frühjahr 2023 veröffentlicht worden und nun im Nachgang zu den weiteren Abstimmungen mit dem Land Nordrhein-Westfalen in die für das (Erz-)Bistum Aachen vorgesehene Fassung gebracht worden.
Darüber hinaus befinden sich noch weitere diözesane Begleitgesetze in der Vorbereitung, die ebenfalls zeitnah in Kraft gesetzt werden sollen.
Damit die dringend erforderlichen Erleichterungen für die Gremien möglichst schnell greifen, soll sich die Arbeitsweise von Anfang an nach den neuen Vorschriften richten. Bis zu den nächsten Kirchenvorstandswahlen, die im Herbst 2025 stattfinden werden, bleiben die Kirchenvorstände und Gemeindeverbandsgremien jedoch in ihrer jetzigen Zusammensetzung bestehen.
Der Kirchenvorstand ist das Organ der Vermögensverwaltung und –vertretung in den Kirchengemeinden und hat seinen Ursprung in der Zeit des Kulturkampfes. Der preußische Gesetzgeber schrieb die Einführung des Gremiums in den 1870er Jahren vor und regelte so die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens in seinem Sinne. Seitdem haben sich gesellschaftliche Verhältnisse und kirchliche Strukturen stark verändert und mit ihnen die Arbeit der Kirchenvorstände. Das Gesetz, das seine Arbeitsweise regelt, aber nicht. Bis heute gilt in den Erzbistümern und Bistümern in Nordrhein-Westfalen das Gesetz über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens (VVG) von 1924, das auf die Gesetzgebung aus dem Kulturkampf zurückgeht.
Unflexibel, unpraktisch und weit entfernt von der heutigen Realität im Pastoralem Raum bzw. Pastoralverbund und Pfarrei – das sind oft geäußerte Kritikpunkte. Deshalb haben sich die fünf Diözesen in NRW darauf verständigt, das staatliche Gesetz durch ein neues Kirchliches Vermögensverwaltungsgesetz (KVVG) zu ersetzen. Hierfür hat eine überdiözesane Projektgruppe einen Gesetzentwurf erarbeitet.
Amtszeiten: Es erfolgt eine Verkürzung von sechs auf vier Jahre.
Rollierendes System: Das System, wonach alle drei Jahre jeweils die Hälfte der Mitglieder ausscheidet, wird abgeschafft.
Zusammensetzung: Der Kirchenvorstand muss nur noch aus mindestens fünf gewählten Mitgliedern bestehen, dazu kommen der Pfarrer und eine aus dem (G-)PGR entsandten Person. Eine Konkretisierung zur Zahl der gewählten Mitglieder erfolgt in der neuen Wahlordnung, die unter bestimmten Voraussetzungen auch die Möglichkeit zur Abweichung vorsieht.
Einladung: Zu Sitzungen muss nicht mehr schriftlich eingeladen werden; die Einladung kann per E-Mail erfolgen.
Digitalisierung: Virtuelle (Hybrid-)Sitzungen sollen eine reguläre Möglichkeit werden. Das Wahlverfahren könnte perspektivisch auch als Online-Abstimmung erfolgen.
Wahlmodalitäten: Auf den Vorschlagslisten ist auf eine ausgewogene Berücksichtigung der Geschlechter zu achten.
Öffnung des „territorialen Prinzips“: Auch Personen, deren Erstwohnsitz sich nicht in der Gemeinde befindet, die sich dort aber engagieren und beheimatet fühlen, können zukünftig wählen und gewählt werden.