Das Sozialwerk Krefelder Christen e.V. ist im sozialen Brennpunkt rund um St. Martin ansässig. 80 Prozent der Klientel besteht aus Migrantinnen und Migranten, 50 Prozent davon sind Geflüchtete. Werteorientierte Bildung bedeutet hier gemeinschaftliches Agieren, zusammen, gleichberechtigt, an einem Strang ziehend.
„Wir sind da richtig, wo die Not am größten ist."

Das Sozialwerk Krefelder Christen e.V. ist im sozialen Brennpunkt rund um St. Martin ansässig. 80 Prozent der Klientel besteht aus Migrantinnen und Migranten, 50 Prozent davon sind Geflüchtete. Werteorientierte Bildung bedeutet hier gemeinschaftliches Agieren, zusammen, gleichberechtigt, an einem Strang ziehend.

„Es steht zwar nicht immer „christlich“ dran an dem, was wir tun. Aber die Haltung, wie wir mit den Menschen umgehen aus unserem christlichen Selbstverständnis heraus, ist das Entscheidende. Und Gemeinschaftlichkeit, Hilfsbereitschaft und Solidarität sind in vielen Kulturen ein wichtiges gemeinsames Gut“, weiß Hella Saternus.
Die 51-jährige Sozialarbeiterin ist seit 22 Jahren beim Sozialwerk und seit fünf Jahren in der Geschäftsführung tätig. Eine Sockelförderung stellt das Bistum Aachen bereit, während das Sozialwerk weitere Fördergelder für die Arbeit generiert. Das Projekt „Anders lernen“ wird beispielsweise durch die Stiftung "Stiftungsforum Kirche im Bistum Aachen" gefördert.
Das Projekt kommt in vier 5. Klassen fast 200 Schülerinnen und Schülern an der Albert-Schweitzer-Schule zu Gute. „Viele Schulen buchen einmalig soziale Lerntrainings. Das ist nicht unser Ansatz. Wir möchten konstant die sozialen Fähigkeiten der Klassen mit den Schülerinnen und Schüler entwickeln. Wir sind das ganze Schuljahr da, damit von der 5. Klasse an die Konfliktfähigkeit, das Sozialverhalten und die -kompetenzen wie auch der Zusammenhalt so wachsen, dass Schülerinnen und Schüler die Schule nicht frühzeitig verlassen“, erläutert Hella Saternus. Denn Mobbing und Konflikte führen oft dazu, dass Schülerinnen und Schüler zum Teil einfach nicht mehr zur Schule gehen.
Zweimal pro Woche sind Hella Saternus und ihre Kolleginnen für zwei Schulstunden in der Realschule und ermöglichen den Kindern, anders zu lernen. Schwerpunkte dabei: aufeinander achten, sich selbst und andere wahrnehmen, Stärken erarbeiten, gemeinsam Projekte auf die Beine stellen, Konflikte klären. Ihre Arbeit ist mit spielerischen Methoden erlebnispädagogisch ausgerichtet und funktioniert oft auch ohne Sprache. „Durch Wiederholungen sehen wir, wie die Klasse wächst“, freut sich die 51-Jährige. Und die Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Ende des Schuljahres sind durchweg positiv. „Wir erfahren 90 Prozent Zustimmung“, bringt es die Sozialarbeiterin auf den Punkt.
Besonders erstaunt war sie, als eine der letzten 5. Klassen zur Einschulungsfeier ein gemeinsames Projekt auf die Beine stellte. Die Kinder haben das Knowhow, das sie mit den Mitarbeiterinnen des Sozialwerks erworben haben, selbstständig umgesetzt. „Alles was wir in dem Jahr angelegt haben ist nicht nur für den Moment angekommen, sondern es hat weitergearbeitet. Das finde ich toll. Da blüht mein Herz auf“, freut sich Hella Saternus.

Die Albert-Schweitzer-Schule nimmt am Start-Chancen-Programm der Bundesregierung teil. Viel Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund besuchen sie, darunter viele benachteiligte oder geflüchtete Kinder meist erwerbsloser oder prekär beschäftigter Eltern. „Hier sind wir genau richtig“, betont Hella Saternus. „Wir gehen nur an die Schulen, an denen die Kinder und Jugendlichen uns brauchen. Wir sind da richtig, wo die Not am größten ist“. Viele Schülerinnen und Schüler wurden der Schule zugewiesen, können kaum Deutsch oder sind Analphabeten. Dazu kommt, dass das Thema ´Schule´ in verschiedenen Kulturkreisen ganz unterschiedlich besetzt ist. „Bei den Roma beispielsweise ist der Gedanke an Institutionen oft mit Angst besetzt. Viele Eltern hatten keinen Zugang zu Bildung und kennen eine Berufswelt, wie wir sie hier haben, nicht. Schule hat da nicht so einen Stellenwert.“
Das Sozialwerk Krefelder Christen gibt es bereits seit 30 Jahren und ist seitdem sehr gewachsen. Ausgehend von einem Zweimannbetrieb sind mittlerweile 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Mini-Jobber und Honorarkräfte tätig. Das Werk ist ein eingetragener Verein der Jugendhilfe, Freier Träger im Bereich der Jugendberatung, der Schulsozialarbeit und der Förderung benachteiligter Jugendlicher in den Arbeitsmarkt. „Das ist eigentlich auch unsere Herkunft. Wir sind gegründet worden mit Bezug auf den von Bischof Klaus Hemmerle implementierten Schwerpunkt Kirche und Arbeiterschaft“, berichtet Hella Saternus. „Wir haben in all den Jahren versucht, die Jugendhilfelandschaft in Krefeld mitzuprägen“, erläutert die 51-Jährige. „Mit dem Hintergrund, dass wir von unserer Herkunft her unsere christliche Haltung in die Maßstäbe der Jugendhilfe der kommunalen Arbeit mit einbringen wollten. Was sehr gut geglückt ist. Wir sind ein Träger, der einen guten Ruf hat in Krefeld.“
Im sozialen Brennpunkt rund um St. Martin bieten die Mitarbeitenden des Sozialwerks viele weitere Hilfen an: für obdachlose Jugendliche z. B. elementare Hilfe zur Selbsthilfe. „Wir helfen Jugendlichen, ihr Überleben zu sichern“, berichtet die Sozialarbeiterin. Die neu gegründete Jugendtafel und die Vermittlung von Wohnraum sind dabei wichtige Anknüpfungspunkte.