Betroffene gründen ihren Betroffenenrat im Bistum Aachen

Unabhängiges Expertengremium wird die Arbeit des Bistums Aachen zur Aufarbeitung, Intervention und Prävention sexualisierter Gewalt begleiten - 34 Betroffene haben aus ihren Reihen sieben Mitglieder in den Rat gewählt - Im nächsten Schritt wird sich der Rat eine eigene Satzung geben

Stühle (c) Andrei Stratu - unsplash
Stühle
Datum:
Di. 3. Mai 2022
Von:
Stabsstelle Kommunikation

Aachen, - Beim 3. Treffen von Betroffenen sexualisierter Gewalt durch Kleriker und Beschäftigte im Dienst des Bistums Aachen ist am Samstag, 30. April, der Betroffenenrat gegründet worden. 48 Betroffene interessierten sich für die Gründung eines Betroffenenrates. Zur Wahl stellten sich zehn Kandidatinnen und Kandidaten aus dem Kreis der Betroffenen. Beim Treffen wie auch per Briefwahl konnten sieben von ihnen in den Betroffenenrat gewählt werden.

„Im Mittelpunkt der drei Treffen im Januar, März und April dieses Jahres stand das Einanderkennenlernen, die Erarbeitung gemeinsamer Interessen und die Wahl des Betroffenenrates“, sagt der Interventionsbeauftragte Helmut Keymer: „Wir müssen uns immer wieder vor Augen führen, dass es nicht selbstverständlich ist, dass Betroffene sexualisierter Gewalt überhaupt der Einladung des Bistums Aachen folgen. Für dieses Engagement und Vertrauen sind wir – auch im Namen von Bischof Dr. Helmut Dieser – sehr dankbar.“

Im neu gewählten Betroffenenrat des Bistums Aachen werden sich die gewählten Betroffenen gegen sexualisierte Gewalt sowie für den Schutz der Würde und der Integrität Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsene einsetzen. Der Betroffenenrat wird sich dafür engagieren, dass durch Kleriker und Beschäftigte im kirchlichen Dienst entstandenes Leid anerkannt, aufgearbeitet und angemessen entschädigt wird. Er soll kontinuierlich die Arbeit des Bistums Aachen zu Aufarbeitung, Prävention und Intervention gegen sexualisierte Gewalt begleiten. Die Themen, mit denen sich der Betroffenenrat beschäftigen wird, ergeben sich sowohl aus den Anliegen der Betroffenen wie auch aus den Fragestellungen des Bistums.

Die sieben Mitglieder des Betroffenenrates werden nun ihre Arbeit aufnehmen und sich zunächst eine eigene Geschäftsordnung geben. Sie werden mit dem Bistum Aachen Vereinbarungen treffen, die ihnen eine eigenständige und weisungsunabhängige Arbeit ermöglichen.  Grundlage für diese Vereinbarungen werden die von der Steuerungsgruppe erarbeiteten, von Bischof Dr. Helmut Dieser angenommen und zu einem verbindlichen Angebot des Bistums erklärten Rahmenbedingungen sein. Diese sehen unter anderem folgende Punkte vor:

  • Der Betroffenenrat trägt als Impulsgeber zur Weiterentwicklung des Umgangs mit Fragen der sexualisierten Gewalt im Verantwortungsbereich des Bistums Aachen bei, indem er Stellungnahmen und Einschätzungen zu bestehenden und geplanten Maßnahmen gegen sexualisierte Gewalt abgibt und gemeinsam mit den jeweils zuständigen Gremien über weitere Maßnahmen berät.  
  • Er tritt in einen regelmäßigen Austausch mit Bischof Dr. Helmut Dieser, seinen Vertretern und den zuständigen Gremien. Der Betroffenenrat ist vom Bistum Aachen weisungsunabhängig und wird eine eigene Geschäftsstelle haben.
  • Dem Gremium sollen sieben Personen angehören, auch um den Mitgliedern eine Vereinsgründung zu ermöglichen.
  • Zwei Mitglieder wird der Betroffenenrat in die Aufarbeitungskommission des Bistums Aachen entsenden.
  • Um eine selbstbestimmte Arbeit des Betroffenenrates zu ermöglichen, stellt das Bistum Aachen die dafür notwendigen Ressourcen zur Verfügung.

Die gewählten Mitglieder sind von Bischof Dr. Dieser für drei Jahre beauftragt. Sie haben sich zeitnah zu einer konstituierenden Sitzung verabredet. „Nach dem Treffen und der Wahl haben wir ein gutes Gefühl für eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Bistumsleitung“, so die Mitglieder des Betroffenenrates.

Hintergrundinfo: Mitwirkende in der Steuerungsgruppe

Die Gründung eines selbstbestimmt arbeitenden Betroffenenrates hat Bischof Dr. Helmut Dieser in die Hände einer Steuerungsgruppe gelegt. Mitglieder der Steuerungsgruppe sind:

  • Karl Haucke, Sozialpädagoge, Supervisor, Qualitätsauditor, Mitglied des Betroffenenrates bei der UBSKM (Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs) sowie der Betroffenen-Initiativen „Missbrauchsopfer Josephinum Redemptoristen e.V.“ und „Eckiger Tisch e.V.“; er ist Mitglied im Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen und im Steuerkreis zum Forschungsvorhaben „Betroffene - Beschuldigte - Kirchenleitung: Sexualisierte Gewalt an Minderjährigen im Bistum Osnabrück“ sowie im Fachbeirat der Landesfachstelle Prävention sexualisierte Gewalt NRW.    
  • Dr. Bettina Janssen, Rechtsanwältin, Mediatorin, Supervisorin.  Sie ist seit 2010 mit der Aufarbeitung von sexueller, physischer und psychischer Gewalt im institutionellen Bereich befasst.
  • Ilka Katrin Kraugmann, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, Dipl.-Heilpädagogin. Sie ist Mitglied im Betroffenenrat beim UBSKM. In diesem Rahmen ist sie in verschiedenen Arbeitsgruppen aktiv, beispielsweise in der AG Forschung und Wissenschaft des Nationalen Rates gegen sexuelle Gewalt. Sie ist Mitglied des Fachbeirates der Landesfachstelle Prävention sexualisierte Gewalt NRW.
  • Helmut Keymer, Interventionsbeauftragter im Bistum Aachen.

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