Beten wir für die Menschen in der Ukraine

Matthias Goldammer (c) Bistum Aachen
Matthias Goldammer
Datum:
Di. 1. März 2022
Von:
Pfarrer Matthias Goldammer

1986 geboren, gehöre ich zu den Menschen, die im Frieden aufgewachsen sind. Der Mauerfall, das „Ende“ das Kalten Krieges und offene Grenzen begleiteten meine Kindheit. Nein, ich habe mein Augen nicht vor der Wirklichkeit verschlossen. Der Kosovo, Irak, Syrien, Afghanistan und etliche weitere Schauplätze von Krieg und Gewalt waren und sind natürlich da, aber der heutige Morgen hat für mich gefühlt eine andere Qualität. Ein offener Krieg auf europäischem Boden, eine offene Abkehr von der gefühlt einstimmigen Suche nach einer friedvollen Gestaltung unserer gemeinsamen Erde zwischen den großen „Machtblöcken“. Eine Situation, die mir nur aus den Geschichtsbüchern zu grüßen schien, steht nun greifbar da. Es erfüllt mich mit Zorn, Angst und Trauer, mit Hilflosigkeit und Entsetzen. Und all diese Emotionen wechseln sich ab, manchmal sekündlich. 

Und: Es macht mir deutlich, was ich mir nicht nehmen lassen möchte. Die Erfahrung, dass wir diese Welt nur gemeinsam gestalten können und die Erfahrung, dass Frieden bei aller Unterschiedlichkeit möglich ist. Die Dankbarkeit, in einem Europa aufwachsen zu dürfen, dass mir Chancen gebracht hat, die Generationen vor mir nicht annähernd hatten. Es wächst die Gewissheit, dass dies nicht selbstverständlich ist, sondern immer neu erkämpft werden muss und will. Und wenn mir auch selber heute nicht zum Feiern zumute ist, bin ich auch den Karnevalisten dankbar, die auf ihre Weise deutlich machen, dass wir uns unsere Art zu leben nicht von den Feinden der Freiheit zerstören lassen.

Für mich bleibt heute nur, meine Sorgen und Gedanken im Gebet vor Gott zu bringen. Ja, weil ich glaube, dass er Frieden bringen kann und wird. Vor allem, weil ich mich dort mit meiner Verletzlichkeit und meinem aufgewühlten Kopf aufgehoben fühle und zur Ruhe kommen kann. Ich kann nur einladen: Beten wir für Frieden, beten wir für die Menschen in der Ukraine, beten wir füreinander, beten wir für Europa, beten wir, dass wir die Kraft finden, selber an diesem Frieden mitzuarbeiten.