Menschenwürdige Arbeit - für alle!

Die Kirche im Bistum Aachen unterstützt Menschen, die unter prekären und unwürdigen Arbeitsverhältnissen arbeiten. Besonders häufig trifft dies auf Menschen zu, die aus anderen Ländern zum Arbeiten nach Deutschland kommen. Ob im Baugewerbe, im Transportwesen, in der Landwirtschaft oder im Care-Bereich: hier finden sich häufig Wanderarbeiter:innen, die schlechten, teilweise ausbeuterischen Arbeitsbedingungen ausgeliefert sind.

Eine besondere Situation stellt sich für Betreuungskräfte im häuslichen Umfeld, sogenannte "Live-ins", umgangssprachlich-falsch oft auch als "24-Stunden-Pfleger:innen" betitelt, dar. Die Betreuungspersonen, die meist aus Osteuropa kommen, leben und arbeiten am gleichen Ort - nämlich im Privathaushalt. Sie sind damit in der Situation, dass Arbeitszeit und Freizeit in der Praxis kaum getrennt werden, eine Vereinzelung stattfinden kann und wenig Möglichkeit ist, sich zu organisieren mit anderen Menschen in der gleichen Situation.

Daher haben wir die digitale Plattform www.respectcare.de ins Leben gerufen. Sie unterstützt die analogen Angebote vor Ort (siehe unten) und hilft dabei, sich in der eigenen Sprache zu informieren und zu vernetzen.

Der Name "respectcare" ist gleichzeitig unser Anliegen: Wir fordern, dass den Betreuer:innen, die Kümmer-Arbeit (englisch: care) leisten, Respekt entgegen gebracht wird und ihre Arbeit entsprechend menschenwürdig gestaltet wird!

Olga W (c) Nicole Kuckartz-Cremer

Das bietet respectcare.de:

·    nützliche Informationen zu Beratungsstellen aber auch Freizeitangeboten
·    Informationen zu Angeboten in der Muttersprache (Gottesdienste, Sprachkurse).
·    Informationen zum Arbeitsrecht und Leben in Deutschland
·    Vertrauenswürdigkeit und Seriosität mit Garantie, dass keine personenbezogenen Daten weitergegeben werden
·    Möglichkeiten, das Angebot digital in anderen Foren und Gruppen weiterzuleiten und damit Vernetzung zu fördern
·    Ständige Weiterentwicklung: Weitere Sprachen und Vernetzungsmöglichkeiten sind angedacht
·    Keine Arbeitsvermittlung und keine Weitergabe von Informationen an Auftraggeber oder -nehmer

Die Idee - inspiriert von der Initiative "Respekt"

„Respekt“ ist eine Initiative mit und für osteuropäische Betreuungskräfte, die in Deutschland, vor allem im Kreis Heinsberg, arbeiten und bereits seit Herbst 2017 aktiv. Hier gibt es konkrete Hilfe zur Selbsthilfe, ein Kursangebot für Sprache und Pflege und viel Möglichkeit zum Austausch.

Heute, fünf Jahre später, möchten wir die Aktivitäten von Respekt durch digitale Angebote erweitern. Denn sogenannte "Live ins" gibt es überall - auch in Ihrer Nachbarschaft. So ist es möglich, schneller den Kontakt zu den Betreuungskräften aufzubauen und ihn langfristiger zu halten. Durch eine größere Reichweite der digitalen Angebote kann auf vielfältige Beratungsstellen und Angebote vor Ort aufmerksam gemacht werden.Vernetzungsmöglichkeiten wirken Isolation entgegen und lassen Hilfe zur Selbsthilfe entstehen.

Zur Situation der "Live-ins"

Live-ins sind Menschen, meist aus Ost-Europa, die alleine nach Deutschland kommen, um pflegebedürftige Menschen rund um die Uhr zu betreuen. Dabei wohnen sie in dem Haus der Person, die sie pflegen und sind somit fast „jederzeit für diese verfügbar“.

In der Regel fahren die Betreuungskräfte nach drei Monaten zurück in ihre Heimat, um danach wieder einreisen zu dürfen. Der Arbeitsort wechselt häufig. Nach dem Tod der zu pflegenden Person kann das Arbeitsverhältnis abrupt enden. Ein nächster Einsatzort und die nächste Einnahmequelle sind dann ungewiss. Auch mit dem Trauerprozess sind die Betreuuer:innen in der Regel alleine gelassen.

Einige Live-Ins arbeiten illegal, wenn Auftraggeber:innen ihre Arbeit nicht anmelden. Sie zahlen dann weder Steuern, noch sind sie sozial abgesichert. Ihr Aufenthaltsstatus ist unter Umständen unsicher. Manche sind selbständig, aber da sie oft nur einen Arbeitgeber haben, handelt es sich um eine Scheinselbständigkeit.

Jene, die offiziell in Deutschland arbeiten, werden meist über Vermittlungsagenturen betreut, die eine hohe Vermittlungsgebühr einfordern. Eine Begleitung oder Unterstützung der Betreuungskräfte ist aber selten gegeben. Verträge, die unterzeichnet werden, sind meist nicht in der Muttersprache der Live-Ins verfasst. Die Praxis einer Verfügbarkeit rund um die Uhr widerspricht dem deutschen Arbeitsrecht. Pausen- und Ruhezeiten sind einzuhalten und für eine tatsächliche 24h-Betreuung bedarf es mehrerer Arbeitskräfte, die sich abwechseln. 

Es gibt bereits Initiativen, wie beispielsweise Carifair, die versuchen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und auf einen legalen Boden zu bringen. Als einziger Ausweg wird momentan ein Mix aus verschiedenen Betreuungsarten gesehen (z.B. Tagespflege, Sozialstation etc.).

Oft sind die Live-ins isoliert. Aufgrund der Sprache und der Unterbringung im Haus der zu pflegenden Person sind sie abgeschnitten von der Gesellschaft in Deutschland. Gleichzeitig besteht eine große Abhängigkeit vom Haushalt der zu betreuenden Person, da Wohn- und Arbeitsstätte nicht getrennt sind.

Mitmachen!

Auch Sie können mithelfen, dass Betreuungskräfte bessere Arbeits- und Lebensbedingungen bei uns haben.

  • Haben Sie Angebote und Ideen, die für live-ins interessant sein könnten? Schreiben Sie uns: respect@bistum-aachen.de
  • Kennen Sie Orte und Menschen, die vom Angebot erfahren sollen? Downloaden Sie Flyer und Poster.