Offizialat (c) Bistum Aachen - Josef Heinrichs

Ehenichtigkeitsverfahren - Ablauf

Allem voran gehen beratende Vorgespräche, die vertraulich geführt werden. In der Regel erfolgt eine erste telefonische Kontaktaufnahme mit dem Offizialat in Aachen, der dann ein ausführliches Beratungsgespräch folgt. Manchmal entscheidet dann der Wohnsitz eines Ratsuchenden oder Antragstellers über den Ort dieser ersten Gespräche, weil dies allen Beteiligten Fahrtzeit und –kosten ersparen kann. Entschließt sich ein Ehepartner daraufhin, einen Antrag auf Prüfung der Gültigkeit der von ihm geschlossenen Ehe zu stellen, setzt dieser das reguläre Verfahren in Gang.

In einem ersten offiziellen Schritt werden alle beteiligten Parteien über den vorliegenden Antrag informiert, und es wird der sog. ‚Ehebandverteidiger' bestimmt. Seine Aufgabe im Verfahren ist es, unter Einbeziehung aller entsprechenden Beweise im Verfahren dafür zu plädieren, an der Gültigkeit einer in Frage stehenden Ehe festzuhalten. Die antragstellende Partei hingegen verfolgt das gegenteilige Ziel: die Nichtigerklärung der in Frage stehenden Ehe zu erreichen.

Nachdem der Antrag auf Nichtigerklärung einer Ehe vom Offizialat angenommen und ein Gerichtshof mit drei Richtern ernannt wurde, stellt die Anhörung der Eheleute, der antragstellenden wie auch der nicht antragstellenden Partei, den nächsten Verfahrensschritt dar. Sie werden getrennt zu Gesprächen eingeladen und schildern unabhängig voneinander ihre Sicht.

Die Aussagen von weiteren Zeugen, die die Parteien benennen, spielen im Verfahren ebenfalls eine wichtige Rolle, denn sie ermöglichen dem Gericht eine tiefergehende Durchdringung und Bewertung des Sachverhaltes. Alle Aussagen werden wie auch sämtlicher aufkommender Schriftverkehr in einer Akte festgehalten. Oft werden zum besseren Verständnis psychischer Probleme psychologische Fachgutachten eingeholt, die für bestimmte Tatbestände vom kirchlichen Recht vorgeschrieben sind.

Wenn alle Zeugenaussagen und eventuelle Gutachten zusammengetragen sind, wird die Akte offengelegt und den Parteien wird die Möglichkeit eingeräumt, in diese Einsicht zu nehmen. Danach verfaßt der Ehebandverteidiger seine Stellungnahme zur Frage der Gültigkeit der betreffenden Ehe, die dem Aktenmaterial beigefügt wird.

Daraufhin beschäftigt sich der Gerichtshof mit dem aufgekommenen Aktenmaterial. Es besteht immer aus drei Richtern, dem Offizial bzw. Vizeoffizial als Vorsitzenden sowie zwei weiteren Richterinnen oder Richtern. Ihre Aufgabe besteht darin, einzeln und unabhängig voneinander anhand des vorliegenden Aktenmaterials und den Partei- und Zeugenaussagen zu einem begründeten Urteil zu gelangen. Dieses fällt der Gerichtshof in einer gemeinsamen Schlußsitzung. Dem Offizial bzw. Vizeoffizial fällt dabei die Aufgabe zu, die Urteilssitzung durchzuführen und zu leiten und anschließend entsprechend dem mehrheitlich gefällten Urteilstenor und unter Beachtung der maßgeblichen kirchenrechtlichen Vorgaben das Urteil auszufertigen, das den Parteien dann zugestellt wird.

Papst Franziskus hat bei der Durchführung von Ehenichtigkeitsverfahren für verschiedene Vereinfachungen gesorgt: Die folgenreichste besteht darin, dass seit Dezember 2015 nicht mehr von Amts wegen die Durchführung einer zweiten Instanz für jedes reguläre Ehenichtigkeitsverfahren vorgesehen ist, sondern nur noch dann, wenn gegen das Urteil der ersten Instanz seitens der Parteien oder des Ehebandverteidigers Berufung eingelegt wird. Dies hat in der Praxis zu einer deutlichen Verkürzung der Verfahrensdauer bis zu einem endgültigen Urteil geführt, was für die Parteien oft eine erhebliche Erleichterung bedeutet. In der Regel kann ein Ehenichtigkeitsverfahren beim Offizialat in Aachen innerhalb eines Jahres durchgeführt und abgeschlossen werden.

Somit findet das kirchenrechtliche Verfahren dann sein Ende, wenn die früheren Eheleute das Urteil in Händen halten und innerhalb der vorgeschriebenen Frist niemand Berufung einlegt. Ist dies der Fall, wird das erstinstanzliche Urteil von dem für das Bistum Aachen zuständigen Gericht zweiter Instanz, dem Erzbischöflichen Offizialat in Köln, überprüft.

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