Über den Advent als Zeit der Hoffnung und des Hörens :„Jedes Jahr können wir uns neu darauf einlassen“

Der Advent ist mehr als Kerzenlicht und vertraute Lieder. Er ist eine stille Zeit, die uns einlädt, innezuhalten und auf die Worte der Liturgie zu hören. Schwester M. Theresia Hergermann OSC aus dem Kloster Maria Lind spricht darüber, warum Advent keine nostalgische Erinnerung, sondern jedes Jahr eine neue Chance ist: zum Hinhören, zum Mitwirken an Frieden und Gerechtigkeit und zum gemeinsamen Erleben von Hoffnung.
Schwester Theresia, viele Menschen verbinden Advent mit Weihnachtsmärkten und Feiern. Sie sprechen von Advent als einer stillen Zeit. Was meinen Sie damit?
Der Advent ist eine stille Zeit, ohne Weihnachtsmarkt und Adventsfeiern. So können wir besser auf die Worte, die die Liturgie uns in der Eucharistiefeier und im Stundengebet verkündet, hören. Und das sind Worte der Hoffnung, voll Trost.
Welche Bedeutung haben die Bräuche und Texte des Advents für Sie?
Der ganze Advent bietet in seiner Form Sicherheit: So vieles verändert sich, aber die Bräuche, Gesänge und Texte des Advents bleiben. Das ist keine Form von Nostalgie (ach wie schön war es doch früher, als ich Kind war). Jedes Jahr können wir uns neu darauf einlassen.
Sie sagen, jeder spirituelle Mensch sei ein Hörender. Was bedeutet das konkret für den Advent?
Im Advent sollten wir unsere Sinne einmal bewusst verschließen gegenüber der Flut von Eindrücken. So können wir still werden und richtig hinhören. Dann sind wir bereit für die Ankunft des Erlösers.
Welche Bilder aus der Bibel begleiten Sie besonders in dieser Zeit?
Da sind die wundervollen Bilder aus dem Buch Jesaja: ‚Dann schmieden sie Pflugscharen aus Schwertern‘, ‚der Wolf wohnt beim Lamm‘, ‚die Berge fließen über von Süßigkeit‘. Und auch die Worte Jesu: ‚Richtet euch auf und erhebt euer Haupt, denn es naht eure Erlösung.‘
Diese Texte sind voller Hoffnung und Mut.
‚Tröstet, tröstet mein Volk, spricht der Herr, unser Gott‘ (Jesaja) ‚Freut euch, denn der Herr ist nahe!‘
Viele dieser Trost- und Hoffnungsworte stammen aus notvollen, kriegerischen Zeiten und hatten damals die Kraft, die Menschen zu trösten und nicht zu vertrösten auf eine ferne Zukunft. Hier und jetzt ist diese Zeit, wenn ihr die Zeichen der Zeit versteht und mitwirkt am Frieden, an der Gerechtigkeit, an eurer Umkehr.
Und der Herr kommt als König zu uns, aber wie das? Als kleines schutzbedürftiges Kind – und was gibt es Friedlicheres als ein schlafendes Baby, zugegeben: nicht in einer Geburtsklinik oder im warmen Elternhaus, sondern in Armut, quasi am Weg geboren im Stall.
Ein König zum Anfassen, auf Augenhöhe.
Bedeutet Advent also nicht nur Warten, sondern auch Handeln?
Ganz genau. Und noch etwas gibt uns Adventshoffnung: Es hat keinen Sinn auf vielen Adventsfeiern noch mehr schöne Adventsgeschichten zu hören, als Wohlfühlfaktor, mit Plätzchen oder Glühwein. Aber es gibt andere Formen der Vorbereitung: Jedes Jahr das Fenstersingen. Immer mehr Besucher kommen dazu, auch kirchenferne Menschen, sie beten und singen gemeinsam, die Kinder machen mit. In freudiger Erwartung lassen sie sich mit ihren Eltern auf die Texte ein und gestalten die kleine Feier mit.
Was ist Ihre zentrale Botschaft für den Advent?
Der Advent lässt uns hoffen auf eine Zukunft, die in unserer Hand liegt, an der wir mitarbeiten, in Stille, Gebet und tätiger Liebe. Auf Weihnachten zu, bis der Erlöser kommt, an Weihnachten und einmal am Ende aller Zeiten.