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Pfingstpredigt von Bischof Dr. Helmut Dieser:„Gottes Geist schenkt den Glauben“ - Pfingstpredigt im Aachener Dom

Bischof Dr. Helmut Dieser ermutigt in seiner Pfingstpredigt alle der Kirche Fernstehenden: Dazukommen bleibt immer möglich.
Ein Löwenzahn als Symbol für Pfingsten.
Datum:
10. Juni 2025
Von:
Abteilung Kommunikation

Aachen. Nach Ansicht des Bischofs von Aachen, Dr. Helmut Dieser, feiern und erleben wir Pfingsten nur, weil es die Kirche gibt. „Gottes Geist schenkt den Glauben und baut die Kirche zum Leib Christi auf“, unterstrich Dieser in seiner Predigt am Pfingstsonntag im Aachener Dom. „Das aber ist die Chance für alle, die austreten aus der Kir­che, und für alle, denen der Glaube nichts sagt oder die ihn noch nie für sich spü­ren konnten: dazugehören, dazukommen, bleibt immer möglich!“ Die Antworten, wie man die Krise des Glaubens überwinden könne, lägen alle beim Pfingstfest, fügte Dieser hinzu. Letztlich komme es auch auf den Beitrag des Einzelnen an und darauf, das er den anderen nütze.

Krise des Glaubens und Krise der Kirche gehören zusammen

In seiner Ansprache ging der Bischof auf die These ein, dass wir in un­se­rem Land derzeit vielleicht gar nicht eine Krise der Kirche hätten, sondern vielmehr eine Krise des Glaubens. Daran knüpfte er die Frage, ob das nicht zu einfach gesagt sei und nicht vielleicht auch der Verharmlosung und Ablenkung diene, indem die Probleme der Kirche nach hinten und die der Einzelnen nach vorne geschoben würden - ganz nach dem Motto: Dein Glaube ist in der Krise und wegen dir vielleicht auch die Kirche?! „Zumindest müssen wir zugestehen, dass beides zusammenhängt“, räumte der Bischof ein. „Die Frage ist nur: wie? Was ist Ursache, was ist Wirkung?“ Nicht wenige Menschen träten aus der Kirche aus und nähmen für sich in Anspruch, dass das mit ihrem Glauben doch gar nichts zu tun habe. Dann also hätte die Krise der Kirche keinen Einfluss auf den Glauben. Umgekehrt gelte: Wenn der Glaube immer weniger von der einen Gene­ra­tion auf die nächste überspringen könne, wie sollte das ohne Einfluss auf die Kirche bleiben und sie nicht viel mehr gerade doch in die tief­ste aller möglichen Krisen führen, verliere sie doch dadurch mehr und mehr ihre Lebenskraft und ihre Daseinsberechtigung. Papst Franziskus aber habe immer wieder die Überzeugung vorgetragen: „Eine Kirche, die nicht evangelisiert, die nicht über sich hinausgeht, ist tot.“ „Also hängt das eine untrennbar mit dem anderen zusammen“, schloss Dieser daraus in seiner Predigt. „Und nur beides zusammen führt aus der Krise heraus.“

Die Antworten, wie man die Krise des Glaubens überwinden kann, liegen aus Sicht des Bischofs aber alle beim Pfingstfest. „Denn es gibt keinen Glauben ohne den Heiligen Geist“, mahnte Dieser. „Er ist nur mög­lich, weil Gott selbst ihn bewirkt.“ Gott habe den ge­kreuzigten Jesus vom Tod auferweckt und gehöre ganz auf die Seite Gottes, Gott habe ihn zu dem gemacht, was er für uns sei: unser Erlöser, unser Herr. „Wir leben: durch ihn. Wir gehen einen guten Weg durch dieses Leben: durch ihn“, betonte Dieser. „Wir gelangen zu Gott: durch ihn. Wir leben durch ihn schon jetzt ganz im Wirkbereich Gottes: wie er! Und nichts und niemand kann uns daraus vertreiben und uns das entreißen.“  Denn es gebe nur den einen Gott, der alles bewirke, und nur den einen Herrn, dem wir dienten, und nur den einen Geist, der uns mit seinen viel­fäl­ti­gen Gaben anreichere, so dass wir einander nützten mit seinen Ge­schen­ken in uns.

Unerklärliches Pfingstwunder ist das Gegenteil von Babel

Des Weiteren erinnerte der Bischof daran, dass es an Pfingsten machtvoll angefangen habe. In Jerusalem sei eine vielsprachige Menschenmenge zusammengeströmt, die diesen Glauben aus dem Mund von Menschen gehört habe, die nur Galiläisch hätten sprechen und sich doch in den Muttersprachen der anderen hätten verständlich ma­chen können. Dieses unerklär­liche Wunder sei das Gegenteil von Babel, wo alle Menschen eine Sprache gesprochen hätten und doch miteinander daran geschei­tert seien, einen Turm bis zum Himmel zu bauen. „Heute kommt vom Himmel ein Brausen wie mit Feuerzungen, und darin ist es der Heilige Geist selbst, der mit der Evangelisierung beginnt und eine Kirche auf­baut, die über sich hinausgeht“, schilderte Dieser das Pfingstereignis. Bei Paulus habe sich dieses Pfingst­wun­der schon in die Sakramente hinein verstetigt. Was im Evan­gelium noch in der Stunde Null als Urzelle beschrieben werde - der kleine Kreis der Elf und das Angehauchtwerden durch den Aufer­stan­denen - das habe sich bei Paulus, der später lebe und wirke, zu einem Organismus entwickelt, der immer weiter wachse. „Als die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche lebt dieser geistliche Organis­mus des Leibes Christi durch alle künftigen Zei­ten hin, bis Christus in Herrlichkeit wiederkommt“, stellte Dieser fest. „Wer sagt: Ich kann auch ohne Kirche glauben, übersieht dieses Auf­bau­werk des Heiligen Geistes und unterschätzt die eigene Abhän­gig­keit von Christus und seinem Organismus und den eigenen Beitrag.“

„Es kommt darauf an, dass wir das tun, was anderen nützt“

Ausdrücklich stellte der Bischof daraufhin die Frage: „Wie aber macht der Heilige Geist das? Wie macht er es heute?“ und beantwortete sie klar und eindeutig: „Ich sage es ganz direkt: Nicht ohne dich! Er will es auch durch dich tun! Durch die Gnadengaben, die er gerade dir geschenkt hat.“ Deshalb müsse jeder sich selbst fragen: Wie sage ich mit meinem Leben: Jesus ist der Herr?

Wie spüren andere Menschen, dass ich das glaube? Was kann gerade ich gut, was anderen nützt? „Es kommt darauf an, dass wir das tun, was anderen nützt, eben weil wir glau­­ben, dass Jesus der Herr ist“, forderte Dieser. „Und das kann Kleines und Großes, Ein­maliges und Längerwährendes sein: Ein Projekt und ein mehr­jähri­ges Ehrenamt, ein sozialer Einsatz und ein treues Gebet, das ich durch­halte und einem anderen Menschen verspreche, eine Gabe, Menschen zu er­mun­­tern und zu trösten, und eine große Verant­wor­tung, die ich mit viel eigenem Herzblut durch­trage.“ Alles sei persönlich, und alles das liebe der Heilige Geist, um da­durch zu sprechen und um es zusammenzufügen, so dass ein Verstan­den­werden über große Verschiedenheiten hinweg entstehe und eine Ein­heit, die als Organismus lebendig sei.

Dieser berichtete, dass ihn vor kurzem eine Schulklasse aus dem 10. Schuljahr besucht und ein Mädchen ihn gefragt habe: „Wie soll ich das machen mit dem Beten?“ Er habe dem Mädchen ein paar Tipps zu geben versucht: Dass sie das Beten jeden Tag durchhalten solle, weil das ein Üben sei, und sie ein Andachtsbild, ein Kreuz, eine Ikone oder eine Kerze nehmen und dann einfach anfangen könne, mit Gott, mit Jesus zu reden. Dann werde sie eine Antwort bekom­men. „Heute möchte ich sagen: Allein diese Frage der jungen Frau: Wie geht das mit dem Beten? Wie soll ich das machen?, kommt schon vom Hei­ligen Geist“, hob der Bischof hervor. „Und wenn sie es tut, dann auch das. Heute würde ich hinzufügen: Was auch immer du dann betest, damit sagst auch du: Jesus ist der Herr! Er ist mein Herr.“ Wenn man persönlich bete, so sei das der Ernstfall des Glau­bens. „Und daraus wird die Kirche neu lebendig - in einer neuen Gene­ra­tion, und jeder von uns kann und soll dazu beitragen. Das ist Pfingsten“, schloss der Bischof.