Beethoven, Frida Kahlo – und Sie?

Impuls für April von Sr. Lioba Zahn OSB, Abtei Mariendonk

Geistliche Impulse Bild Sr. Lioba Zahn OSB (c) privat
Geistliche Impulse Bild Sr. Lioba Zahn OSB
Datum:
Di. 9. März 2021
Von:
Ordensbüro

Können Sie sich Beethoven ohne Musik vorstellen? Und eine Malerin wie Frida Kahlo ohne Liebe zu Farben und Licht?  - Welche Eigenschaft, welche Liebe gehört so zu Ihnen, dass Sie daran erkannt würden, auch wenn Sie äußerlich völlig verändert wären?

Beethoven ohne Taubheit, Frida Kahlo ohne Humpeln – das ist gut vorstellbar. Was könnte an Ihrer Erscheinung wegfallen, ohne das Ihre Individualität, das ganz Besondere an Ihnen fehlen würde?

Eine Mitschwester hat das Beispiel von Beethoven im Zusammenhang mit Paulus Auferstehungsglauben gebracht, um ergänzend zu verdeutlichen, was leibliche Auferstehung heißt. Bei Paulus (1 Kor 15) ist es das Bild vom Samenkorn, aus dem etwas wächst, was dem Samenkorn äußerlich gar nicht ähnelt. Und doch gehören beide, Korn und Pflanze, untrennbar zusammen – so wie Beethoven und Musik (aber nicht die Taubheit), so wie Frida Kahlo und Liebe zu Licht und Farben (aber nicht das Humpeln). Und so wie Sie und … (aber nicht …). Womit füllen Sie die gepunkteten Lücken für sich aus?

Vom christlichen Glauben an ein Leben nach dem Tod, in dem wir uns – gereinigt durch die Begegnung mit Gott und gemeinschaftsfähig gemacht durch seine heilende Liebe – wiederbegegnen und uns erkennen werden, spricht die Bibel an verschiedenen Stellen. Doch die Vorstellung, leibliche Auferstehung hieße, uns an Äußerlichkeiten zu erkennen, widerstrebt einfach dem Verstand. Denn was hieße das? Würde ein verstorbenes Kleinkind immer Kleinkind bleiben, ein erblindeter Mensch immer blind bleiben? Ohne die Chance, alle in diesem Leben durch einen frühen Tod nie realisierten oder durch eine Behinderung begrenzten oder verunmöglichten Fähigkeiten je verwirklichen zu können? Jesus wurde nach der Auferstehung gerade nicht an seiner äußerlichen Gestalt, nicht an den Haaren, Zähnen oder der Nase erkannt, sondern an dem, was ihm im Leben wesentlich war. Die Stimme, an der Maria Magdalena ihn am Grab, das Brotbrechen, an dem die Emmaus-Jünger und die Wundmale, an denen ihn Thomas erkannte, zeigen, so meine ich, die Richtung eines Auferstehungsverständnisses, das dem Verstand gemäß ist. Wir sind hier und jetzt wie Samenkörner, in denen angelegt ist, was sie ausmacht, was jede und jeden von uns zu einem einzigartigen, unverwechselbaren Menschen macht. Die Taufe gibt die Kraft zum Wachsen – und unser Leben ist die Zeit, das Wesentliche in uns zu entdecken und es anfanghaft Gestalt werden zu lassen.

Woran wollen Sie erkannt werden? Margarete Steiff, die Gründerin des Steifftierunternehmens, werden wir nicht an ihrem Rollstuhl erkennen, sondern an ihrer Tatkraft und Intelligenz. Und Stephen Hawking, den Physiker, werden wir nicht an seinem von ALS verkrümmten Körper erkennen – schon eher an seiner Überraschung, dass es die leibliche Auferstehung gibt und sie ihn (und uns) zu dem befreit, wie Gott es in jedes einzelne Samenkorn ganz einzigartig gelegt hat.

Sr. Lioba Zahn OSB