Das Bistum Aachen stellt die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt gegen Minderjährige und Schutzbefohlene durch Priester und andere kirchliche Beschäftigte seit Jahren in den Mittelpunkt. „Wir machen Betroffenen auch weiterhin Mut, sich mitzuteilen“, hält Bischof Dr. Helmut Dieser fest. Im Oktober 2023 hatte das Bistum durch öffentliche Aufrufe zu Tätern und mutmaßlichen Tätern versucht, Betroffene zu ermutigen, sich proaktiv zu melden. Daraufhin hatten sich 68 bislang nicht bekannte Betroffene gemeldet.
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Nach intensiven Beratungen mit den unterschiedlichen Gremien, die die Aufarbeitung begleiten und kontrollieren, hat das Bistum die Entscheidung getroffen, künftig auf öffentliche Aufrufe in dieser Form zu verzichten. Aus berechtigtem Anlass sind Aufrufe in Einzelfällen jedoch weiterhin möglich. „Knapp zwei Jahre nach den ersten Veröffentlichungen muss ich heute deutlich sagen, dass ich gewichtige neue Erkenntnisse hinzugewonnen habe und meine Einschätzungen sich in dieser Zeit auch verändert haben“, sagt Bischof Dr. Helmut Dieser.
Viele hatten sich gemeldet und den Vorstoß als zielführendes Verfahren beschrieben, das Dunkelfeld erhellen zu können. Es gab allerdings auch viele Irritationen und Nachfragen. So konnte das Bistum auf Nachfragen von Angehörigen mutmaßlicher Täter zu Details der Vorwürfe gegen Priester mit Rücksicht auf die Betroffenen und ihren Persönlichkeitsschutz verständlicherweise keine Auskunft geben.
Hinzu kam, dass das Dikasterium für die Gesetzestexte im Vatikan vor einigen Monaten ein Schreiben veröffentlichte, das sich zwar nicht explizit an das Bistum Aachen richtete, aber noch einmal den Persönlichkeitsschutz im Rahmen des geltenden Kirchenrechts herausstellte. Auch diesem der Weltkirche geltenden Schreiben trägt das Bistum Rechnung. (Hier finden Sie eine Übersetzung des Schreibens.)
Die Perspektiven und Zielorientierung weiterer öffentlicher Aufrufe sind in den zurückliegenden Monaten intensiv im Beraterstab des Bischofs und dem eigens eingerichteten Arbeitsstab, der Unabhängigen Aufarbeitungskommission (UAK) und dem Betroffenenrat zwischen Bischof und den jeweiligen Mitgliedern beraten worden. Diese Gremien begleiten und kontrollieren die Aufarbeitung und setzen zum Teil auch jeweils eigene Themenschwerpunkte. In den regelmäßigen Beratungen des Bischofs mit der Leitungskonferenz, dem Priesterrat und dem Diözesanpastoralrat stand das Thema ebenfalls auf der Agenda.
Das Bistum Aachen wird seine Verantwortung im Bereich der Aufarbeitung und der Betroffenenorientierung auch weiterhin wahrnehmen.
Dazu gehört neben der Unterstützung von Untersuchungs- und Studienvorhaben der Aachener UAK auch, soweit angefragt, die Begleitung des Aachener Betroffenenrates bei der Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft über das Leid, das Priester und Laien im Bistum Aachen durch sexualisierte Gewalt Kindern, Jugendlichen und erwachsenen Schutzbefohlenen zugefügt haben. Dies soll Betroffenen helfen, das erlittene Leid zu verarbeiten und ermutigen, sich – soweit noch nicht geschehen – zu melden. Zudem wird die Kontakt- und Kommunikationsarbeit des Betroffenenrates mit den Betroffenen des Bistums Aachen durch PIA operativ unterstützt. Auf der Basis von begründeten Einzelfallentscheidungen wird das Bistum Aachen auch zukünftig Schritte gehen, um Betroffenen, die ihre Erfahrungen mitteilen und aus dem Dunkelfeld heraustreten möchten, zu erreichen.
Das Bistum bittet grundsätzlich darum, dass Betroffene, die sich noch nicht gemeldet haben, an die Ansprechpersonen, die Interventionsbeauftragten, die unabhängigen Beratungsstellen oder an die Unabhängige Aufarbeitungskommission wenden.
