„Wir fragen danach, was der Mensch kann.“

Aachener Behindertenwerkstatt Prodia ist im Kolpingverband bundesweit die einzige ihrer Art.
„Prodia“ bedeutet: „für diesen Tag“. Der Name der Aachener Kolping Werkstätten ist gleichermaßen ein Hinweis auf den Alltag der Arbeit in der Behindertenwerkstatt und den täglichen Neubeginn. Seit 30 Jahren gibt es die Prodia Kolping Werkstätten gGmbH in der Trägerschaft des Kolpingwerks im Diözesanverband Aachen.
Beschäftigte und Teilnehmerinnen bzw. Teilnehmer sind Menschen mit psychischen Behinderungen aus der Stadt und der Städteregion Aachen, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht, noch nicht oder nicht mehr erwerbstätig sind.
In der Tradition des Kolpingwerkes gilt die besondere Unterstützung nämlich denen, die durch die Entwicklungen der Arbeitswelt Chancen verlieren und ausgegrenzt werden. Im Sinne des Gründers Adolf Kolping fördert Prodia deshalb ein Bewusstsein für verantwortliches Leben und solidarisches Handeln. „Wer Kolping kennt, findet ihn in unserer Arbeit und in unserem Leitbild wieder“, betont Geschäftsführerin Mariele Biesemann, die sich selbst als Ur-Kolpingerin bezeichnet. „Schon mein Großvater ist durch die Kolpinghäuser gezogen“, erinnert sie sich stolz. Bevor Mariele Biesemann bei Prodia anfing, war sie bereits im Aufsichtsrat der Werkstätten tätig. Als dann die Stelle der Geschäftsführung frei wurde, bewarb sie sich sofort. „Nach 37 Jahren Arbeit in einer Bank konnte mir nichts Besseres passieren“, erzählt sie. „Denn hier darf ich mit Menschen arbeiten und ihre Ressourcen fördern.“
Prodia ist im Kolpingverband bundesweit die einzige Behindertenwerkstatt ihrer Art. An zwei Standorten in Aachen bietet sie rund 220 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowie Beschäftigten ein vielfältiges Angebot an beruflicher Bildung in den Arbeitsbereichen Handwerksservice, Tischlerei, Garten- und Landschaftspflege, Küche/Kantine, Handweberei, Näherei, Industrieservice, Facility Management und EDV/Verwaltung. Neben den angebotenen Dienstleistungen stellen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch Eigenprodukte wie beispielsweise handgewebte Tücher, Möbel, Holz- und Kreativprodukte her.
Die betreuten Menschen werden im Rahmen ihrer individuellen Möglichkeiten gefördert und unterstützt. „Wir fragen danach, was der Mensch kann. ´Lass das, du kannst das nicht´ haben unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oft genug zu hören bekommen. Bei uns ist das anders“, berichtet Mariele Biesemann. Individuelle Teilhabewünsche werden besprochen und in Form einer Teilhabeplanung festgehalten. In den Kolping Werkstätten erhalten die Menschen eine Tagesstruktur und haben die Möglichkeit, durch persönliche Qualifizierungsangebote die eignen Fertigkeiten und Fähigkeiten zu erweitern und sich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vorzubereiten.
Wenn nach dem Berufsbildungsbereich eine Vermittlung in einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (noch) nicht möglich ist, kann eine Anstellung im Arbeitsbereich der Werkstätten erfolgen. Dabei werden die Arbeitsplätze individuell gestaltet und den Bedürfnissen, Interessen und Neigungen der Beschäftigten angepasst. Die Menschen mit Behinderung erhalten einen Werkstattvertrag und ein monatliches Entgelt. Außerdem sind sie über die Werkstatt kranken-, pflege-, unfall- und rentenversichert und können regelmäßig an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen. Und wenn ein Ausbildungs- oder Arbeitsplatz außerhalb der Werkstatt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gefunden wird, ist ein Wechsel selbstverständlich jederzeit möglich.
Ganz besonders stolz ist die Geschäftsführerin Mariele Biesemann auf das große Netzwerk und die vielfältigen Kooperationen der Prodia Kolping Werkstätten gGmbH. So haben sie beispielsweise den Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik der Hochschule Niederrhein darin unterstützt, einen recycelten Rucksack herzustellen, der sogar mit einem Preis ausgezeichnet wurde. Zudem wurden für eine Kolpinggruppe, die am Kölner Karnevalszug teilgenommen hat, 52 Kostüme in orange und schwarz genäht.