Begegnung und interkulturelle Verständigung in Geistenbeck möglich:30.000 Bücher – eine Kirche

Dazwischen, durch den Mittelgang, der direkte und offene Blick auf den Altar. „Das war uns bei der Konzeption der Bücherkirche ganz wichtig“ erzählt Marianne Lack. „Wer hier rein kommt, soll wissen, dass er in einer Kirche ist.“ Denn nach wie vor werden in dem Kirchenraum Gottesdienste gefeiert, zu denen bei Bedarf sogar die beweglichen Bücherregale nach einem ausgetüftelten System weggeschoben und anschließend wieder an den ursprünglichen Ort gestellt werden. „Hier in Geistenbeck haben wir einen Wechsel in der Gesellschaft. Viele der alten Katholiken sterben weg und die, die neu zuziehen, sind oftmals russisch-evangelische Christen oder Muslime. Uns war es wichtig, hier ein christliches Zentrum zu erhalten. Und da wir es multifunktional nutzen können, hat das große Vorteile und trägt zur Begegnung und zur interkulturellen Verständigung bei“, unterstreicht Marianne Lack.
25 ehrenamtlich Engagierte gehören zum eingespielten Team der Bücherkirche. Sie sortieren geschenkte Bücher und CDs nach Zustand sowie Genre und beraten Interessierte sogar nach Fachgebiet. Alle Bücher sind gegen eine angemessene Spende erhältlich. „Ich weiß ja, was so ein Kunstband kostet. Den kann ich nicht für zwei Euro abgeben, aber ich mache einen guten Preis“ verrät mir die Dame, die für die Kunstbücher zuständig ist. Um die 1.000 Bücher im Monat finden in Geistenbeck einen neuen Besitzer. 2024 konnte das Team so einen Erlös von 11.000 Euro erarbeiten, der an verschiedene Mönchengladbacher Organisationen ging, die sich für Kinder einsetzten. „Außerdem sind wir sehr stolz darauf, dass das ganze Inventar mit eigenen Mitteln angeschafft wurde“ berichtet Marianne Lack.
Angefangen hat das Bücherprojekt nach den Gottesdiensten in zwei Räumen des Pfarrheims. Doch Zeit und Raum reichten schnell nicht mehr aus. Nachdem sich ein Arbeitskreis in der Gemeinde gebildet hatte mit dem Thema „Kirche im Dorf lassen“ wurde der Gedanke einer Bücherkirche weiterentwickelt und ein Konzept erarbeitet. „Als wir unserem Pastor dann gesagt haben, dass wir mit den Büchern in die Kirche ziehen wollen, war er sehr schockiert und bat um eine Woche Bedenkzeit. Dann hat er zugestimmt. Wir dürften nur nichts rumstehen lassen. Daran haben wir uns gehalten“ erinnert sich Marianne Lack.
Geöffnet ist die Bücherkirche dreimal in der Woche: montags, dienstags und donnerstags. Jeden ersten Donnerstag und ersten Samstag im Monat findet zusätzlich ein großer Büchermarkt statt, bei dem neben den Büchern in der Kirche auch im Pfarrheim nebenan noch zahlreiche Schmöker auf die Besucherinnen und Besucher warten. Letztere kommen teilweise von weit her. Auch Gruppen kündigen sich an, um die Bücherkirche zu besichtigen. „Viele Menschen haben die Verbindung zur Kirche und zu Kirchengebäuden verloren. Und hier hat man eine gute Entschuldigung: Man kommt erstmal wegen der Bücher, ist dann plötzlich wieder drin und erkundet so langsam wieder den Raum der Kirche“ berichtet Marianne Lack und schmunzelt. „Sie schimpfen viel über die Kirche, aber es wird auch viel über Gott und die Welt geredet“.
Eng verzahnt mit der Bücherkirche sind weitere Angebote wie das Café im Pfarrheim Vorsthaus sowie Gesprächs- und Lesekreise oder Lesungen.