Zum Inhalt springen

In der Genezarethkirche in Aachen treffen Kandidierende zur Wahl aufeinander:Politische Diskussionen vor der Kommunalwahl in Aachen

Genezarethkirche Podiummit allen Kandidierenden
„Erkenntnis“, „Inspiration“, „Tatkraft“ – das waren Schlagworte, mit denen die Kandidierenden die Podiumsdiskussion am Freitagabend in der Genezarethkirche zusammengefasst haben. Und damit blieben sie im Stil der kurzen, knackigen Antworten an diesem Abend, bei dem die Politikerinnen und Politiker jeweils nur 90 Sekunden zur Beantwortung der Fragen hatten. Und die hatten es zum Teil in sich.
Datum:
10. Sept. 2025
Von:
Nicole Kuckartz-Cremer

Denn im Gegensatz zu den meisten anderen Veranstaltungen, wurden sie fast komplett aus dem Publikum gestellt. So mussten sich die Kandidierenden der Grünen, von CDU, SPD, FDP, Volt, UWG und ein Vertreter der Linken zu den Themen Stadtentwicklung, Migration und Wohnen positionieren. Fragen, die aufgrund von Zeitmangel nicht beantwortet werden konnten, durfte das Publikum im Anschluss an die Diskussion beim Veranstaltungsteam abgeben, damit sie an die Parteien weitergeleitet und beantwortet werden.

Schnell zeigte sich, dass das Thema Stadtentwicklung das Herzensthema des Abends war. „Wie kann die untere Adalbertsteinstraße belebt werden?“, „Was wird gegen aggressives Betteln getan?“, „Wie können mehr Toiletten im öffentlichen Raum geschaffen werden?“, waren nur einige der Fragen, die die Menschen bewegt haben. Und zwar so sehr, dass die Veranstaltung für den Themenblock eine halbe Stunde verlängert wurde. Dafür verschoben auch die Politiker:innen wichtige Termine nach hinten – wie zum Beispiel das Feiern des eigenen Hochzeitstages.

Damit wurde die Genezarethkirche an dem Abend genau zu dem, was sich die Veranstalter von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) Aachen, der Akademie des Bistums Aachen, des Diakonischen Werks im Kirchenkreis Aachen e.V. mit seinem Integrationsdienst Werkstatt der Kulturen, die Integrationsagenturen NRW, Pro Arbeit e.V. sowie das Evangelische Erwachsenenbildungswerk Aachen gewünscht hatten: Ein Ort der Verständigung. Denn in vielen Positionen wurde deutlich: Die Parteien sind sich bei den Zielen fast immer einig – bei der Umsetzung fordern sie unterschiedliche Wege. So zum Beispiel beim Thema aggressives Betteln. Während Andreas Nositschka von der Linken für mehr psychosoziale Hilfe und mehr Streetwork plädierte, sprach sich Michael Ziemons (CDU) dafür aus, die Hilfsangebote zwar zu stärken, gleichzeitig aber restriktiver vorzugehen und den Ordnungsdienst auszubauen.

Auch zu der Frage, wie eine Durchmischung der Stadtgesellschaft gelingen könne, hatten die Kandidieren unterschiedliche Ideen. So sieht Michael Servos von der SPD ein Problem darin, dass die Grundschulbezirke aufgehoben wurden. „Wo Kinder zusammenkommen, müssen alle eingeladen sein“, so Servos, der sich für niederschwellige Angebote für alle Menschen einsetzen möchte, um die Gesellschaft zusammenzuführen. Auch die amtierende Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen, die für die Grünen erneut ins Rennen geht, sieht Bildung als „Schlüssel für Gerechtigkeit“. Michael Ziemons als CDU-Kandidat sieht hingegen bezahlbaren Wohnraum als wichtigen Aspekt für die gesellschaftliche Vermischung.

Einig waren sich alle Kandidierenden insbesondere beim Thema Grenzkontrollen. „Grenzkontrollen sind Nachplappern von AfD-Positionen“, so SPD-Mann Servos, der dafür viel Applaus erntete. Auch Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen (für Bündnis 90/Grüne) hält von den Kontrollen wenig und setzt sich nach eigenen Angaben auf dem Städtetag gemeinsam mit den Oberbürgermeistern aus den angrenzenden Kommunen für eine Aufhebung der Kontrollen ein. Im Gegensatz zu seiner Bundespartei sprach sich auch Michael Ziemons (CDU) gegen die Kontrollen aus. „Kontrollen behindern uns, als Stadt können wir sie aber leider nicht verhindern“, erklärte er. Deswegen setze er sich in höheren Ebenen seiner Partei gegen die Kontrollen ein.

Während sich die Kandidierenden nach zwei Stunden intensiver Diskussion vor den rund 250 Zuhörerinnen und Zuhörern in den Feierabend verabschiedeten, zogen die Veranstalter ihr Resümee: „Für uns ist es wichtig, Räume der Teilhabe zu schaffen. Und das haben wir mit dieser Veranstaltung getan“, findet Benjamin Chiti, Einrichtungsleiter beim Diakonischen Werk im Kirchenkreis Aachen e.V. „Wir haben hiermit den Zuschauerinnen und Zuschauern die Möglichkeit gegeben, sich zur Kommunalwahl zu informieren und damit die Demokratie zu unterstützen“, so Chiti weiter.

Und auch Heiner Schroth, Presbyter in der Genezarethkirche und Vertreter der ACK zog ein positives Fazit: „Kirche ist politisch. Immer. Eine unpolitische Kirche ist tot. Und genau deswegen wollen wir als Kirche Raum für Demokratie schaffen. Wir wollen und müssen aus dem Glauben heraus den anderen als Gegenüber sehen und tolerieren.“