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Verklärung des Herrn, Lesejahr A // zum Evangelium

Datum:
Fr. 4. Aug. 2023
Von:
Annette Jantzen

Nach sechs Tagen nimmt Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes mit und führt sie auf einen hohen, einsamen Berg. Vor ihren Augen wurde er verwandelt, sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, seine Kleidung wurde weiß wie das Licht. Seht, da erschienen ihnen Mose und Elija, die mit Jesus redeten. Petrus sagte zu ihm: »Wir vertrauen dir, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, schlage ich hier drei Zelte auf, eins für dich, eins für Mose und eins für Elija.« Als er noch redete, seht, da überschattete sie eine Wolke voll Licht und, seht, eine Stimme sprach aus der Wolke: »Dieses ist mein geliebtes Kind, ihm gehört meine Zuneigung. Hört auf seine Stimme!« Als die Jünger das hörten, fielen sie auf ihr Gesicht nieder und fürchteten sich sehr. Jesus kam zu ihnen, rührte sie an und sprach: »Steht auf und fürchtet euch nicht.« Als sie aufblickten, sahen sie außer Jesus allein niemanden mehr. Als sie von dem Berg abstiegen, trug ihnen Jesus auf: »Erzählt niemand von der Erscheinung, bis der Mensch von den Toten auferstanden sein wird.« 

(Evangelium nach Matthäus, Kapitel 17, Verse 1-9)

Die Geschichte der Verklärung Jesu steht nicht für sich allein. Sie ist tief eingewoben in die Hebräische Bibel, das Erste Testament der Christ*innen. Mose und Elija, die Symbolfiguren für das Gesetz und die Propheten Gottes-der-Heiligen, bezeugen, dass Jesus in der Tradition und auf dem Grund von Gesetz und Prophet*innen steht. Drei Männer sind Zeugen, drei von den zwölf, die für die zwölf Stämme Israels stehen. Für sich genommen, braucht es für diese Geschichte keine Frauen. Aber für sich genommen ist die Geschichte nicht vollständig, sondern sie steht in der Mitte eines größeren Bogens. Sie verweist auf die Taufe Jesu im Jordan zurück: Dort ist eine große Menge zugegen, die miterlebt, wie Jesus zum ersten Mal in göttlichem Glanz erscheint. Die Wolke bei der Taufe und hier auf dem Berg, sie ruft die Gotteserscheinung am Sinai ins Gedächtnis, wo Gott in der Wolke verborgen bleibt, denn in die Sonne selbst zu schauen, ertragen Menschen nicht.

Und die Geschichte der Verklärung verweist auf die Auferstehungserzählungen voraus: zwei Männer in leuchtend weißen Gewändern bei Lukas lassen die Frauen sehen, wer Jesus wirklich ist, Gesetz und Propheten bezeugen Jesus als den Lebendigen. In den Evangelienerzählungen von Matthäus und Markus verschmelzen die beiden zum einem, auch er in leuchtend weißem Gewand. Die Jünger auf dem Berg, die zugegen sind, als Jesus von seinem Ende in Jerusalem erzählt, sie sollen schweigen. Die Frauen am Grab, die erfahren, dass Jesus nicht im Tod geblieben ist, bezeugt vom Gesetz und Propheten, sie bekommen den Auftrag, es weiterzuerzählen. 

Der Fluß, der Berg und der Garten gehören zusammen, so zeigt sich Gott in dieser Welt: im Wasser, das Leben ermöglicht, auf dem heiligen Berg des Erkennens, im Garten, der den Menschen Sorglosigkeit verheißt. Die Menge, die Jünger und die Jüngerinnen gehören ebenso zusammen, sie zeigen, wie Menschen erleben, wer Jesus ist: die Menge, die staunt, aber nur den Anfang sieht, die Jünger, die den Schrecken erfahren vor einer Überlieferung, die eine Nummer zu groß ist für sie, und die Frauen, die den Auftrag bekommen, zu sprechen und zu bezeugen.

Vielleicht ist die Geschichte der Verklärung auch ein Teil einer Konkurrenzgeschichte: Es gab Traditionen, die sich besonders auf Petrus als Anführer der Jesusgläubigen stützten, und andere Traditionen, die Maria von Magdala dem Petrus vorzogen. Früh wurde dann aber Maria als Sünderin verleumdet, und von heute aus gesehen verwundert es nicht, dass die Frauentraditionen untergegangen sind, so unerhört war es, dass Frauen bezeugen sollten, wovon Männern zu sprechen nicht gegeben war. 

Die einsame Spitze ist nicht alles, und sie bleibt unvollständig ohne die solidarische Care-Arbeit, zu der die Frauen am Ostermorgen aufgebrochen sind. Jesus im Glanz zu sehen ist nicht alles, und im Erzählfluss der Geschichte wird plauibel, dass das Reden denen aufgetragen wird, die auch das Elend gesehen haben. Wie leicht könnte sonst aus dem Bezeugen ein triumphalistisches Rechtbehalten werden. Und das wäre dann eine traurige Verzerrung der Stimme, aus der Liebe klingt: Dies ist mein geliebtes Kind, ihm und allem, die zu ihm gehören, gilt meine Zuneigung.

 

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