Von Baggern, Brötchen und Menschen, die Zeit haben

Beim Fundraising geht es nicht immer um Geld. (c) Bistum Aachen/Andreas Steindl
Beim Fundraising geht es nicht immer um Geld.
Datum:
Do. 25. Apr. 2024
Von:
Stabsabteilung Kommunikation

„Wer beim Fundraising nur an Geld denkt, verpasst das Beste“, sagt Wolfgang Huber, der in den vergangenen 14 Jahren das Thema Spenden und Sponsoring-Akquise im Bistum Aachen maßgeblich betreut und vorangetrieben hat und Ende Mai 2024 in den Ruhestand geht.

In der Anfangszeit sei es ein bisschen so gewesen, als wolle man Kühlschränke in der Antarktis verkaufen. Dies war zwei Faktoren geschuldet. Zum einen befand sich das Bistum Aachen am Beginn der 2000er-Jahre in einer Finanzkrise. Mit der Folge, dass das Fundraising allein mit dem Thema Geld in Verbindung gebracht wurde. Zum anderen beendete der heute 65-Jährige sein Studium des Fundraising-Managements genau zu jenem Zeitpunkt, als die ersten Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche öffentlich wurden. Das war im Jahr 2010. In seiner Arbeit ging es damals um das Thema „Institutional Readiness“, also um die Frage, ob die Organisation bereit und in der Lage ist, Fundraising zu betreiben. Damals war sie es eher nicht, aber mit den Jahren hat sich der Fokus maßgeblich verändert. „Fundraising ist mehr als nur Geld besorgen“, steht mittlerweile im Entwurf eines Positionspapiers mehrerer Bistümer.

 

Fundraising ist im Kern Beziehungspflege

„Wenn wir als Kirche Fundraising betreiben, geht es zuerst einmal darum, Menschen mit unseren Ideen zu erreichen und sie von dem zu begeistern, was wir machen wollen“, unterstreicht Wolfgang Huber. Denn am Ende sei das Ziel, eine gesellschaftliche Wirkung zu erzielen, die auf gemeinsamen Interessen und Werten beruhe. Erst danach stelle sich die Frage: Welche Ressourcen benötigen wir dafür? „Manchmal brauchen wir einen Bagger, Brötchen oder Menschen, die Zeit haben,“ schmunzelt der Fundraiser. Nach dem „Bankomat-Prinzip“ funktioniere das Ganze sicherlich nicht. „Ich kann nicht oben eine gewünschte Summe eingeben und unten raus ziehen.“ Stattdessen sei Fundraising im Kern Beziehungspflege und eine Frage der Haltung. Matthias Sellmann, Professor für angewandte Pastoralforschung an der Uni Bochum fasste es auf einer Klausurtagung in Aachen unlängst wie folgt zusammen. „Es geht darum, klar zu sagen, wofür wir als Kirche stehen, damit auf den Markt zu gehen und Netzwerke zu entwickeln. Das ist die Zukunft von Kirche.“ Im Bistum Aachen gibt es seit einigen Jahren einen regelmäßigen „Unternehmerdialog“. Der Austausch über christliches Ethos, nachhaltige Führung und ein politisches Europa ist bei vielen Unternehmerinnen und Unternehmern in der Städteregion anschlussfähig. „Auch kirchenferne Persönlichkeiten aus der Unternehmerschaft können da mitgehen“, sagt Wolfgang Huber. Vor allem eine Debatte über Werte stehe bei vielen Unternehmen hoch im Kurs.

 

Enorm wichtig für Projekte

So entstand zum Beispiel auch die Idee einer Bikerwallfahrt anlässlich der Heiligtumsfahrt. Einige Motorradfahrer im Bischöflichen Generalvikariat waren auf die Idee gekommen, sich anlässlich des Ereignisses auf den Bock zu schwingen. „Da bin ich auf Kohl Motorrad zugegangen und in der ersten Sekunde hat es gepasst,“ erinnert sich Huber. „Denn mein Ansprechpartner plante sowieso Touren mit Kunden und wollte ein attraktives Event anbieten. Die Bühne konnten und wollten wir als Bistum natürlich gerne bereitstellen. Unser Interesse, neue Menschen zu erreichen und das Interesses des Partners, Kunden zu binden, passte wunderbar zusammen.“ Besonders für kleine und größere Projekte vor Ort ist das Fundraising enorm wichtig. So zum Beispiel in Krefeld, wo die Hochschulgemeinde „LAKUM“ nach nach eingehender Beratung zwar keine hohen Geldsummen, dafür aber mit viel ehrenamtlichem Engagement regelmäßig mehrere Tonnen Hilfsmittel in die Ukraine transportiert werden.

Glaubwürdige Strategie und regionale Relevanz

Der Erfolg von Fundraising – wen wundert’s – hängt von einer glaubwürdigen Strategie und hoher lokaler Relevanz ab. „Bei allem, was Kirche künftig tut, muss Fundraising mitgedacht werden, damit es eine langfristige seine Wirkung mit Blick auf die geringer werdenden Kirchensteuermitteln entfalten kann“, resümiert Wolfgang Huber.