„ein Mensch sieht, was vor Augen ist;

Wochenimpuls-Foto-220206-Blüte (c) Edith Furtmann
Wochenimpuls-Foto-220206-Blüte
Datum:
So. 6. Feb. 2022
Von:
Edith Furtmann

1 Sam 16,7b
„ein Mensch sieht,
was vor Augen ist;
der HERR aber sieht das Herz an.“

Dieses Zitat ist nicht aus den Tagestexten (obwohl da auch interessantes gewesen wäre, aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben), aber es ist der letzte Satz aus meiner Klausur zum Hebräicum und geht mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf, weil es so schön zu meinem Impuls vom letzten Wochenende passt: Ja, wir können den Menschen nichts ins Herz schauen, sondern immer nur, wie es so schön heißt, „vor den Kopf“.
So weit, so gut. Aber dennoch gibt es auch für uns Menschen verschiedene Arten, jemanden anzuschauen. Gerade kann man das deutlich sehen bei der neuen Bundesvorsitzenden der Grünen – niemanden interessiert, welche Inhalte sie vertritt und warum nun ausgerechnet sie Bundesvorsitzende wurde – es interessiert nur ihr Aussehen, und das wird kritisiert auf Teufel komm raus. Frauen müssen mit so etwas leben: bei Politikerinnen steht fast immer erst, was sie anhatten, und dann erst, was sie sagten – achtet mal drauf.
Und wir? Wir tun so was nicht? Doch, tun wir. Dabei kennen wir das doch aus der Pflanzenwelt: wunderschöne Pflanzen können hochgiftig sein, völlig unscheinbare dagegen wertvolle Medizin.  Vielleicht sollten wir unseren Fokus verschieben: nicht auf die Figur achten oder auf den scheußlichen Schnäuzer, sondern in die Augen schauen – die verraten einem oft ganz viel vom Inneren eines Menschen. Und dann nicht sofort urteilen, sondern abwarten: was hat er oder sie uns zu sagen? Welche Werte vertritt er, welche Ideen äußert sie? Was tut er, wie handelt sie? Dann wird das Äußere zweitrangig, dann geht es uns um den Menschen selbst, um das, was er wirklich ist. Wie heißt es so schön beim kleinen Prinzen: „…das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“. Es braucht Geduld, jemanden kennenzulernen. Und vorher sollte man sich kein, auch kein vorläufiges Urteil bilden.
Mein Vorsatz für die Woche – und darüber hinaus: nicht darauf achten, wie jemand aussieht, sondern, wie er oder sie ist.