Ukraine-Café wichtiger Anlaufpunkt für Geflüchtete

Andreas Funke über die Situation von und die Hilfen für ukrainische Geflüchtete

Andreas Funke (c) Bistum Aachen - Andreas Steindl
Andreas Funke
Datum:
Di. 21. Feb. 2023
Von:
Stabsabteilung Kommunikation

Um die 2.500 Ukrainerinnen und Ukrainer haben Andreas Funke, Referent für Seelsorge mit Geflüchteten, und seine Kollegin Tetyana Lutsyk im Verteiler, für die sie ansprechbar sind. Einmal monatlich treffen sie sich mit einigen von ihnen zum Ukraine-Café.

Es ist ein wichtiger Anlaufpunkt. Hier können die Geflüchteten ihre Fragen und Anliegen zur Sprache bringen. „Dabei helfen sie sich untereinander, wenn es um Alltagsfragen oder um Ämter geht. Es gibt immer eine, die eine kennt, die weiß, wie etwas geregelt werden kann. Wir sind dann bei speziellen Themen dran. Wir sind Verknüpfungspunkte und Ermöglicher. Wir stellen Raum, Netzwerk und Knowhow zur Verfügung“, erläutert Andreas Funke. Ein gemeinsamer Austausch ist wichtig. Denn eine Erfahrung vieler Ukrainerinnen und Ukrainer ist, dass sie nicht wissen, wohin sie sich mit ihren Anliegen wenden können, dass sie oft vertröstet werden oder dass sich auf ihre Anfragen niemand meldet. Wie zum Beispiel die Frau, die einen Bedarf an psychologischer Betreuung hat. Sie kennt sich nicht aus und spricht kein Deutsch. Andreas Funke ruft direkt das Psychologische Zentrum in Aachen an, vermittelt und gibt die Informationen sofort an die Betroffene weiter. Tetyana Lutsyk und Andreas Funke sind dabei ein gutes Team. Sie ist Ansprechpartnerin für die ukrainischen Betroffenen, er versucht, mit den deutschen Ansprechpartnern eine Lösung zu finden.

Vor welchen Herausforderungen stehen die Geflüchteten aktuell?

In der Anfangszeit gab es bei den ukrainischen Geflüchteten einen gewissen Aktionismus. Angekommen in Deutschland galt es zunächst, eine Unterkunft zu finden und einen Asylantrag zu stellen.

Jetzt brechen Traumatisierungen auf. Außerdem sind viele Geflüchtete an einem Punkt, an dem sie überlegen müssen, wie sie ihr Leben in Deutschland gestalten können. Denn sie bleiben wahrscheinlich doch länger als ursprünglich geplant. Aber das Ankommen ist nach wie vor schwer. Viele Schülerinnen und Schüler nehmen zum Beispiel weiterhin online am ukrainischen Unterricht teil, weil sie immer noch die Hoffnung haben, dass der Krieg schnell vorbei ist. Kinder im Kindergartenalter erhalten keine Betreuung, da es insgesamt zu wenig Kita-Plätze gibt. Ohne Betreuung können ihre Mütter nicht an zertifizierten Sprachkursen teilnehmen, die die Voraussetzung für eine Vermittlung bei der Agentur für Arbeit sind.

Was ist wichtig?

Hilfreich sind für viele die vierteljährlich stattfindenden Informationsveranstaltungen der Bischöflichen Akademie, die als einzige in der Region Aachen speziell auf ukrainische Bedürfnisse zu Themen wie Jobcenter, Jobsuche, Versicherungen und andere Alltagsfragen Antworten gibt. Diese und weitere Informationen sind auch auf der Ukraine-Plattform www.germany-help-ukr.de zu finden, die in Video-Podcasts auf Russisch und Ukrainisch Alltagsthemen behandelt.

Wichtig sind auch Gottesdienste an den ukrainischen Feiertagen, zum Beispiel die Andacht am 7. Januar zum Thema „Frieden“, im Gedenken an die, die nicht mit am Weihnachtstisch sitzen. „Es ist den Ukrainerinnen und Ukrainern wichtig, dass wir Gottesdienste anbieten. Es sind die tränenreichsten Gottesdienste, die ich je mitgefeiert habe“, erzählt der Seelsorger.

Was für viele von ihnen neu ist: dass eine Kirche vorbehaltlos Angebote macht. Das war ihnen aus ihrer Heimat unbekannt.

Was hat sich bei den Hilfen geändert?

Nachgelassen haben die Sammelaktionen, auch das allgemeine Verständnis für die Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland. Dies wird besonders bei der Wohnungssuche deutlich. Oft erhalten Geflüchtete Rückmeldungen wie: "Wir wissen nicht, wie lange ihr hier bleibt; wir geben euch die Wohnung nicht". „Sie erleben zunehmend Zurückweisungen und können damit nicht immer umgehen“, berichtet Funke.

Außerdem erhält er von vielen bisherigen Unterstützern aus dem Bistum die Rückmeldung, dass sie nach mehreren Monaten freiwilligen Engagements nicht mehr können. Sie brauchen eine Auszeit. Deshalb ist Andreas Funke nun mit den regionalen Caritasverbänden im Gespräch, um eine Ehrenamtsbörse zu entwickeln. „Die Idee dahinter ist eine gezielte und punktuelle Hilfe im Gegensatz zu einem Engagierten, der sich um drei oder vier Flüchtlinge mit allen Themen von Arztbesuch bis hin zum Sozialamt kümmern muss“, erläutert er.

Welche Hilfen gibt es für Ukrainerinnen und Ukrainer im Bistum Aachen?

Sprachcafés laufen an verschiedenen Orten im Bistum auf ehrenamtlicher Ebene weiter, zum Beispiel in Krefeld oder in Heinsberg. Der Bedarf, Deutsch zu lernen, ist immer noch sehr groß. Außerdem werden Möbellager und die Tafeln massiv nachgefragt.

Über eine Bistums-Initiative konnten Ukrainerinnen und Ukrainer in Aachener Unternehmen vermittelt werden. So hat die Unternehmensgruppe Grün zwei ukrainische IT- Spezialisten eingestellt. Auch der Kita-Träger pro futura hat drei Ukrainerinnen als Alltagshelferinnen eingestellt, mit der Option, sie bei ausreichenden Sprachkenntnissen und Anerkennung ihrer Ausbildung als Erzieherinnen zu übernehmen.

Über projektgebunde Spenden ist es Andreas Funke möglich, schnell finanzielle Hilfen zu leisten. So flossen Spenden aus verschiedenen Pfarreien des Bistums in Schulbücher oder in die Ausstattung einer Spielgruppe. Auch eine gemeinsame Fahrt von deutschen und ukrainischen Jugendlichen, die die Offene Tür Brandt für Ende April plant, soll über Spenden ermöglicht werden. „Sie sollen in Kontakt zu kommen, miteinander kochen und etwas gemeinsam erleben, damit die jungen Geflüchteten - in Begleitung einer ukrainischen Psychologin und einer Pädagogin - für eine kurze Zeit aus ihrer Sorgenblase herauskommen können“. Für Familien wird es im Herbst eine Fahrt ins Bubenheimer Spieleland geben, in Düren will sich eine ukrainische Pfadfindergruppe bilden. Darüber hinaus gibt es Bedarf an Seelsorge aus der ehemaligen Eifelhöhenklinik, in der seit dem 1. Januar Flüchtlinge aus unterschiedlichen Ländern untergebracht sind.

Es gibt viel zu tun für Andreas Funke und seine Kollegin Tetyana Lutsyk. Dabei motiviert sie, was sie bei den Ukrainerinnen und Ukrainern erleben: "Sie sind sehr aktiv, sie organisieren sich und suchen selbst nach Möglichkeiten“.