"Musik soll Trost, Hoffnung und Zuversicht vermitteln"

Domkapellmeister Berthold Botzet (c) Domkapitel Aachen
Domkapellmeister Berthold Botzet
Datum:
Do. 26. Aug. 2021
Von:
Stabsstelle Kommunikation

Wie trifft man den richtigen Ton in einem Gedenkgottesdienst, der den Opfern und Betroffenen der Flutkatastrophe gewidmet ist? Mit dieser Frage hat sich Berthold Botzet in den vergangenen drei Wochen ausgiebig beschäftigt. 

Seitdem ist bekannt, dass der zentrale Gedenkgottesdienst mit den Spitzen der Verfassungsorgane und Kirchen am 28. August im Aachener Dom stattfindet. Selbst für den langjährigen und mit großen Festgottesdiensten erfahrenen Domkapellmeister war dies keine leichte Aufgabe. Schließlich soll die Musik – die immerhin ein Fünftel des Gottesdienstes ausmacht – nicht nur Trauer ausdrücken, sondern auch Trost, Hoffnung und Zuversicht vermitteln. Im besten Fall „die Seele streicheln“, wie Botzet es nennt. Seine Vorschläge und Ideen wurden in einer Arbeitsgruppe mit den Veranstaltern und dem ZDF als übertragendem Fernsehsender diskutiert, weiterentwickelt, gekürzt und immer wieder angepasst, bis schließlich ein Ergebnis herauskam, das in den minutiös getakteten Ablauf passt und von dem Berthold Botzet hofft, dass es Betroffene und unbeteiligte Fernsehzuschauer gleichermaßen anspricht.

Der Gottesdienst am Samstag wird ein Gedenkgottesdienst werden. Was ist bei der Musikauswahl entsprechend zu beachten, wenn es um ein solch schweres Thema geht?

Das Entscheidende ist, dass die Atmosphäre getroffen wird, die sich vorher auch in Gesprächen entwickelt; anhand von Texten, von Gebeten, von Statements, von Situationsberichten entwickelte sich im Gespräch der vorbereitenden Gruppe eine Atmosphäre und diese Atmosphäre habe ich versucht aufzunehmen und entsprechend dann mit Musik umzusetzen.

Können Sie ein paar Beispiele nennen, warum Sie sich konkret für ein bestimmtes Musikstück entschieden haben? 

Wir haben Musik erst einmal auch schreiben lassen, dass heißt, es war mir ganz wichtig, dass wir nicht nur auf Musik zurückgreifen, die schon existiert, sondern es war eine große Herausforderung zu überlegen, können wir nicht speziell für diesen Gottesdienst Musik entwickeln, mit Textteilen aus bestimmten Texten, die schon im Vortrag gehört wurden oder die man auch vorweg nehmen kann. Und so sind bestimmte Klage-Elemente in Musik gefasst worden. Mit einem solchen Klageruf beginnt auch der Gottesdienst und es wird eine Brücke gebaut über Testimonials, über Fürbitten bis hin zu einem Kyrie-Ruf, den der Chor dann formuliert, um in ein Evangelium zu leiten.

Wie hoch wird der Anteil der Musik im Gottesdienst sein und mit welchen Protagonisten arbeiten Sie da zusammen? 

Etwa ein Fünftel des Gottesdienstes wird musikalisch sein. Vielleicht sogar noch ein bisschen mehr. Und musizieren werden neben dem Domorganisten Michael Hoppe unser Domkantor, der bestimmte Vorsänger-Teile übernimmt. Dann haben wir mit Thilo Dahlmann einen Gast aus Köln, der die Klagerufe formulieren wird und wir haben einen Trompeter aus Euskirchen, der aus einer betroffenen Region kommt und einen Beitrag leistet. Dann haben wir 26 Sänger aus dem Bereich unserer Chöre und der Dommusik, die dann stellvertretend für die Gemeinde agieren.

Die Auswahl der Musikstücke ist getroffen. Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?

Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden. Wir hatten das große Glück, dass wir Klaus Wallrath wieder gewinnen konnten, um gerade eben diese Gedanken der Klage-Rezitationen musikalisch umzusetzen. Insgesamt wirkt die Musik für mich, die gespielt und gesungen wird, wie aus einem Guss, weil sie fast komplett aus einer Feder kommt.

Was wird Ihrer Meinung nach der emotionale Höhepunkt des Gottesdienstes sein? 

Der emotionale Höhepunkt wird wahrscheinlich der so genannte Ahr-Psalm sein, also eine Textlichkeit, die der Trierer Priester Stephan Wahl relativ spontan einen Tag nach der Flut geschrieben hat. Er selbst stammt aus diesem Gebiet an der Ahr. Und dieser Text ist so unendlich ausdrucksstark und so stark emotional behaftet. Er wird jetzt auch noch im Gottesdienst mit Orgelklängen untermalt, die auch vielleicht noch die Emotion und Ausdrucksstärke dieser Worte unterstreichen können.