Da, wo Menschen feiern

Eschweiler Innenstadtpfarrei hat zum Gottesdienst in die Kneipe eingeladen

Da, wo Menschen feiern (c) Andrea Thomas
Da, wo Menschen feiern
Datum:
Di. 6. Nov. 2018
Von:
Andrea Thomas
Wie erreicht man Menschen, die Kirche und Glaube eher distanziert gegenüber stehen? Indem man Gottes Wort auch an ungewöhnliche Orte trägt, wo Menschen Zeit miteinander verbringen, „über Gott und die Welt“ reden.

Mit einem Kneipengottesdienst hat das Pastoralteam aus St. Peter und Paul in Eschweiler genau das getan. Das „Mexi & Co.“: eine typische Eckkneipe, lange Theke und Stehtische, Decke und Wände dekoriert mit Fußballschals. Hier trinkt man sein Bier, diskutiert über den Lieblingsverein, feiert Karneval. Seit zwei Jahren stehen zwischen den Flaschen im Regal jedoch auch ein Kreuz und eine Figur des heiligen Florian. In der Kneipe von Wirt Michael Esser hatte es gebrannt. Die Hilfsbereitschaft beim Wiederaufbau, die spontane Einsegnung zur Wiedereröffnung durch Pfarrer Michael Datené – das hatte Glauben für Esser dort lebendig werden lassen, wo man ihn so nicht erwartet. Die Idee für einen Gottesdienst in der Kneipe war da.

Die platzt an diesem Abend aus allen Nähten. Das Publikum ist bunt gemischt, jung und alt, kirchennah und eher fern. Pfarrer Datené begrüßt, weist darauf hin, dass im „Seitenschiff“ (einem Zelt neben der Kneipe) noch Plätze frei seien, bittet die „Kommunionhelfer“ mit ihren Tabletts durchzulassen, und natürlich dürfe bei diesem Gottesdienst auch Bier getrunken werden. Das findet Platz auf Deckeln mit der Aufschrift „Wir müssen reden. Gott“. Es kann also beginnen, das „säkular-spirituelle Experiment“ unter dem Titel „Heute beim Bier“. Bewusst angelehnt an den Dialogprozess „Heute bei dir“. „Das soll nicht despektierlich sein, im Gegenteil. Wir haben ja die gleiche Zielrichtung, Menschen wieder für den Glauben und Gott zu begeistern“, sagt Michael Datené. Bischof Dieser hat dem alternativen Gottesdienst nicht nur grünes Licht gegeben sondern zugesagt, beim nächsten Mal dabei zu sein. Auch für Diakon und Mitorganisator Günther Schiffeler ist die Idee stimmig. Der Ort sei ungewohnt, aber wie heiße es so schön: „Wo zwei oder drei in meinem Namen ...“.

Die Premiere steht im Zeichen des beginnenden Karnevals und seiner Beziehung zu Kirche. Erstaunlich viele Karnevalslieder haben einen Bezug zu Tod und Auferstehung, dem Himmel und dem lieben Gott. Einige davon spielt die Band „Inde-Singers“ an diesem Abend live. Außerdem gibt es einen Text aus dem 1.Korintherbrief und Gedanken zum Vaterunser in einer Art Zwiegespräch zwischen Gott und Mensch. Darin wird deutlich, was wir da überhaupt beten und was das mit uns und unserem Leben zu tun hat. Danach hat das Gebet für viele wieder einen Sinn, und es klingt ehrlicher und überzeugter als in manchem Kirchengottesdienst. Alle Besucher sind eingeladen, ihre Fürbitten oder Gebete auf Zettel zu schreiben, um sie an der Theke aufzuhängen.

Am Ende gibt es viel Lob, dass Kirche sich getraut habe, neue und andere Wege zu gehen. Nur so könne die Botschaft Jesu Menschen doch überhaupt erreichen, meinen die meisten. „Gottesdienst feiern, das wollten wir bewusst einmal an einem Ort tun, wo Menschen auch sonst feiern. Und weil das hier ihr Ort ist, viel mehr als die Kirche“, fasst Michael Datené zusammen. „Wir müssen als Kirche lernen hinzugehen und nicht erwarten, dass Menschen zu uns kommen. Das können wir uns abschminken“, sagt Günther Schiffeler. Das habe mit dem Format funktioniert, an dem sie festhalten und mit dem sie noch ein wenig experimentieren wollen.