Wer Frieden predigt, lebt gefährlich

Erzbischof Maroy über Kongo, Krieg und unsere Handys

Maroy (c) missio
Maroy
Datum:
Di. 16. Mai 2017
Von:
Anja Klingbeil
Für Rebellen und Kriegstreiber ist der katholische Erzbischof Maroy ein Dorn im Auge, denn er prangert die Menschenrechtsverletzungen und illegale Geschäfte mit wertvollen Bodenschätzen an.

Der mutige Kongolese, der mehrere Attentate überlebte, wurde im Jahr 2012 mit dem renommierten Menschenrechtspreis der Stadt Weimar ausgezeichnet.  Auf Einladung von missio wird Erzbischof Maroy zwischen dem 19. und 30. Mai in Brüssel, Aachen und Weimar und weiteren Städten über die Zusammenhänge zwischen dem Krieg im Kongo und unseren Smartphones berichten.

Nur um wenige Zentimeter verfehlte die tödliche Kugel aus der ihr Ziel. „Seht ihr da oben das Loch? Da schoss die Patrone durch die Scheibe meines Arbeitszimmers und flog über meinen Kopf", erzählt François Xavier Maroy. Rebellen hatten den Erzbischof aus dem Kongo im Visier, weil sie seine Friedensmission stoppen wollten. „Glücklicherweise hat der liebe Gott mich nicht so groß werden lassen, sonst würde die Kugel in meinem Kopf und nicht in der Wand stecken", erklärt der 1,57 Meter große Erzbischof.
François-Xavier Maroy lebt im Osten des Kongos, seit 2006 ist er Erzbischof von Bukavu. In dem Land, wo seit 1996 die blutigsten Konflikte seit dem Zweiten Weltkrieg wüten, terrorisieren dutzende Rebellengruppen die Region. Plünderungen und brutalste Vergewaltigungen sind traurige Realität. Die Vereinten Nationen bezeichnen den Kongo als das Zentrum der Vergewaltigungen. Für Frauen gilt das Land als der gefährlichste Ort der Welt. „Sexuelle Gewalt wird als Waffe eingesetzt", klagt der Erzbischof an.

Wertvolle Bodenschätze im Visier der Rebellen

Das bitterarme Land Kongo gehört zu den rohstoffreichsten Staaten der Welt. Diamanten und Gold kommen von dort. Eine wahre Schatzgrube sind die Coltan-Minen im Osten des Landes. Dieses seltene Mineral wird für die Herstellung von Mobiltelefonen benötigt. „Die Rebellen erobern gezielt jene Gebiete, wo der wertvolle Rohstoff zu finden ist. So fliehen die Menschen aus ihren Dörfern und die Bodenschätze können ausgebeutet und illegal exportiert werden", berichtet der Erzbischof.

Trauma-Zentren für die Opfer

François-Xavier Maroy gehört zu den mutigen Stimmen in der von Gewalt beherrschten Region im Osten des Kongo. Der 60jährige lässt sich nicht einschüchtern und führt seine gefährliche Mission fort. Mit Unterstützung des katholischen Hilfswerks missio Aachen hat er Trauma-Zentren für notleidende Menschen aufgebaut. Für sein mutiges Engagement wurde Erzbischof Maroy im Jahre 2012 mit dem Menschenrechtspreis der Stadt Weimar ausgezeichnet. Er sei „eine beeindruckende Persönlichkeit, die sich jeden Tag aufs Neue mit Mut, Kraft und Gottvertrauen unter Einsatz ihres Lebens für die Ärmsten der Armen einsetzt", hob Thüringens ehemaliger Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) in seiner Laudatio hervor.

Mit Sorge betrachtet Erzbischof Maroy die politische Situation im Kongo. Präsident Kabila klammert sich nach Ende der zweiten Amtszeit ohne Legitimation an die Macht. Weil die Wahlen langfristig verschoben wurden, hatte die Bischofskonferenz eine Vermittlerrolle zwischen Regierung und Opposition übernommen. Doch enttäuscht von der Haltung der Politiker haben sich die Bischöfe im März 2017 vorerst aus den Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien zurückgezogen.
Während seiner Europareise im Mai wird für den Erzbischof die Rolle der Europäischen Union zum Thema Kongo und Konfliktmineralien von großem Interesse sein. Denn er gehört zu den insgesamt 140 Bischöfen, die in einem Appell von der EU fordern, eine Sorgfaltspflicht für die Lieferketten bei Konfliktmineralien einzuführen, um die Finanzierung von Bürgerkriegen zu beenden. „Die EU hat die einzigartige Gelegenheit, einen Beitrag zur Beendigung gewalttätiger Konflikte im Zusammenhang mit Rohstoffen zu leisten, die in den letzten 60 Jahren 40 Prozent aller Konflikte weltweit ausmachten", heißt es in dem von Erzbischof Maroy unterzeichneten Appell. Inzwischen ist die Europäische Union dabei, ein entsprechendes Gesetz zum Thema Konfliktmineralien auf den Weg zu bringen. Es gibt einen Hoffnungsschimmer für den Kongo und eine Perspektive für saubere Handys.