ESSEN WIE BEI DEN "WILDEN"?

Folge 22 des Blogs "WELTEN - SPRÜNGE. Eifel, Amazonas und zurück" von Friederike Peters

Essen (c) Friederike Peters
Essen
Datum:
Mo. 1. März 2021
Von:
Friederike Peters

"Du bist hier nicht in Ecuador!", sagen meine Verwandten, wenn ich mal wieder ganz spontan den Löffel nehme, um Gemüse, Kartoffel und Spiegelei zu essen oder meine Hände, um das Brot in Stücke zu brechen, bevor ich es in den Mund stecke. Verflixt, das wollte ich mir doch merken, aber immer wieder kommt die Gewohnheit durch.

Essen (c) Friederike Peters
Essen

Zugleich muss ich lachen. Der Tonfall und der Blick in den Augen ist exakt derselbe wie Blick und Tonfall einer Naporuna-Mutter, die ihrem Kind im Urwalddorf zum tausendsten Mal sagt: "Man steckt nicht die Zähne ins Essen!!! Dafür hat man die Finger! Mach das Essen mit den Fingern klein, dann kommt es in den Mund. Wir sind keine Touristen und keine Tiere. Die beißen mit den Zähnen ab. Wir nicht!!!"
Fleisch, Maniokwurzeln, Kochbananen, Obst und heutzutage auch das moderne Brot werden zuerst mit den Fingern in mundgerechte Stücke zerbrochen, dann erst gegessen. Hähnchenschenkel mit den Zähnen zu essen, gilt als unzivilisiert. So etwas machen nur die Anderen. Suppe oder Soße isst man mit dem Löffel. Mit Messer und Gabel zu essen wird als sinnlos, unnötig und extravagant angesehen und belächelt.

Wichtig ist, sich von den Tieren, die die Nachbarschaft bevölkern, zu unterscheiden. Das gilt auch für einen anderen Punkt: Rohes Fleisch ist absolut tabu. Eine überlebenswichtige Hygieneregel wurde wie so oft auch zur Benimmregel. Deutsche Touristen, die etwa rohen Schinken mitgebracht haben und genussvoll hineinbeißen, sind völlig "daneben", neben "uns" und allem was "uns" wichtig ist. Roher Schinken kann nur eklig sein!!! Roh wird nur gegessen, wenn man die leckeren, dicken, weißen Maden schlürft, aber die werden ja nicht zerbissen, sondern ganz verschluckt. Die gebratenen Ameisen, die es nur einmal im Jahr für kurze Zeit gibt, steckt man ebenfalls komplett in den Mund und genießt den Geschmack von gebratenem Speck.

"Wir können noch nicht essen, die Hühnersuppe ist noch heiß!", ruft jemand beim Gemeinschaftsessen während der Dorfversammlung. Dann werden die Frauen und Männer verspottet, die mit dem Küchendienst dran waren, sie seien wohl wieder mal nicht aus dem Bett gekommen heute Morgen. Sie hätten um 5 Uhr beginnen müssen, damit das Essen zur Mittagszeit gut abgekühlt sei und man sich nicht die Finger verbrennt, wenn man das Fleisch zerteilt.
Auf Tropenklima abgekühlte Hühnersuppe wurde nicht meine Lieblingsspeise. Die esse ich nach wie vor lieber glühend heiß - passend zum Eifelklima - - -

Essen ist nicht nur Nahrung für unsere Körper - Essen ist Kultur - Essen ist Teil unserer "Zivilisation" - hängt von unserer Umwelt ab - ist unser Lebens-Mittel - - -
Wer da die "Wilden" sind, ist die Frage.
Die Antwort hängt von der Blickrichtung ab - - -