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Bischof Helmut Dieser betont in seiner Predigt am ersten Feiertag die Kraft der Weihnachtsbotschaft:Den Weg der Wahrheit immer wieder neu finden

Christmette am Heiligabend 2022
Datum:
25. Dez. 2022
Von:
Stabsabteilung Kommunikation

Aachen. Nach Ansicht des Bischofs von Aachen, Helmut Dieser, gibt es ohne den Glauben an Gott keine Wahrheit, die nicht von uns Menschen ab­hängt und darum nicht manipuliert werden kann.  „Darin liegt das Weihnachtsgeheimnis: Wem das Leben Knüppel in die Beine gewor­fen hat oder wer an sich selber abgestürzt ist, ist noch längst nicht aus dem Weg der Wahrheit herausgefallen, sondern kann ihn weiter gehen“, erklärte Dieser in seiner Predigt am ersten Weihnachtstag im Aachener Dom. 
„Wahr­heit, christlich, ja weih­nacht­­lich verstanden, ist immer Gnade: sie ist geschenkhaft, sie bedeutet immer neue Annahme an Kin­des statt. Alle, die Jesus aufnehmen, geraten unter die herrliche göttliche Sinngebungs­macht, durch die sie Kinder Gottes werden.“ Dazu gehöre, anzuerkennen, was im eigenen Leben los sei, sich wahrhaf­tig einzubrin­gen in die Auseinandersetzungen unserer Zeit, nicht lügen zu müs­sen, nicht täuschen zu wollen und nicht allein zu bleiben mit dem, was man wisse, mahnte Dieser.

In seiner Ansprache ging Dieser von dem Sprichwort „Wer den Weg der Wahr­­heit geht, der stolpert nicht“ aus. Stolpern bedeute durch eigene oder anderer Leute Unachtsamkeit oder Verantwortungslosigkeit ins Wan­ken geraten, vielleicht sogar stür­­zen, mitunter sogar mit schwer­wie­genden Folgen. Die Wahrheit, von der das Sprichwort rede, müsste dagegen ankom­men, das Leben des Menschen retten können, führte der Bischof aus. Vieles in der realen Lebenswelt spreche allerdings radikal dagegen. „Die Macht der Propaganda schafft in totalitären Staaten eine ei­ge­ne Wirklichkeit, die beansprucht, die volle und alleinige Wahrheit zu sein“, nannte der Bischof ein aktuelles Beispiel. „Wer zum Bei­spiel in Russland den Ukrainekrieg öffentlich so be­­zeich­net, kann äußerst hart bestraft werden.“ In China würden Menschen, die ein weißes Blatt Papier hochhielten, verhaftet, im Iran würden junge Menschen öffentlich hingerichtet, weil sie bean­sprucht hätten, dass die Deutung des Islam und des Menschenlebens, die das Mullah-Re­gime überall durchpeitsche, nicht ihre sei. In der di­gi­talen Welt seien wir dauernd in der Gefahr, manipuliert zu wer­den, indem die Wahrheit digital zugemüllt oder entstellt werde. Darüber hinaus verwies Dieser aber auch auf Ereignisse im menschlichen Leben, die sinnlos seien. So sei es etwa widersinnig und unsin­nig, dass wir Menschen durch den ma­terialistisch-konsumistischen Lebens­stil unsere ei­ge­nen Lebens­­grund­lagen zerstörten. „Ein Kind wird über­fahren, eine Mutter stirbt viel zu früh, ein Unwetter reißt Men­schen tragisch in den Tod. Ein Augen­blick am falschen Ort verdirbt ein ganzes Leben, ohne dass ir­gendein Sinn erkennbar wäre“, stellte Dieser fest.  

Der Bischof machte in seiner Ansprache deutlich, dass die Weihnachtsbotschaft gegen alle diese Fragen ankommen müsste, denn sonst wäre sie auch selbst nur Propaganda. Ihr Anspruch bestehe darin, etwas gegen das Stolpern im Leben gefunden zu haben, etwas, das die Trüm­mer im Leben wieder zu etwas Sinnvollem mache, nicht nur beim ein­zel­nen Menschen, sondern für alle zu­sam­men. Die Weihnachtsbotschaft habe diese Kraft und diese Gewissheit, die in dem liege, was vom Evangelium als die Wahrheit verkündet werde. Nach dem Prolog des Johannes-Evangeliums sei alles durch das Wort Gottes geworden. „Diese geschaffene Welt, unser reales Leben, der Kosmos, der größer ist als unser Begreifen, alles, was ist, was wir als Wirklichkeit wahr­neh­men, messen, berechnen, deuten und verstehen, trägt in sich eine Sinngebung, Geist, Bedeutung, Wahrheit, die aus Gott kommt“, hob der Bischof in seiner Predigt hervor. „Die Wahrheit, die Gott hineingelegt hat und die der Grund ist, warum es überhaupt etwas gibt, was geworden ist, müssen wir annehmen, ja wir müssen sie glauben.“ Zu der Wahrheit Gottes könne man nur gelan­gen, wenn Gott selbst spreche und sich zu erkennen gebe, und wenn sein Wort von ihm selbst ins Menschsein über­setzt werde.

Jesus Christus sei der einzige Mensch, der nicht nur über Gott spre­chen könne, sondern in dem und durch den Gott selber spreche, weil er als Mensch das Wort sei, durch das alles geworden sei. Gegen dieses menschgewordene Wort und Licht in der Finsternis komme keine finstere Propaganda an. „Wer Jesus lieb ge­winnt, wer ihm glaubt und Gott in ihm erkennt, dringt immer tiefer und weiter als jede Fassade und jede Vorläufigkeit und kommt ins Freie und ins Weite, in das, was das Leben der Menschen immer erst und immer wieder möglich macht“, betonte Dieser. „Von diesem göttlichen Wort, das Fleisch geworden ist, geht eine ge­rade geistes­ge­schicht­liche Linie bis zur Erklärung der Menschen­rechte und dem Recht auf Meinungsfreiheit, auf Religionsfreiheit.“