„ Mir ist ein ganzer Felsbrocken vom Herzen gefallen“

Solidaritätskollekte (c) Bistum Aachen / Anja Klingbeil
Solidaritätskollekte
Datum:
Fr. 25. Sep. 2015
Von:
Anja Klingbeil
Manuel Kemmer absolviert eine Ausbildung zur Fachkraft für Möbel, Küchen und Umzugsservice beim Volksverein Mönchengladbach. Ausgebildet werden junge Menschen, die länger als ein Jahr arbeitslos waren.

Nach der Schule hat es mit einer Ausbildung nicht so geklappt, sagt Manuel Kemmer. Ungefähr ein Jahr lang hat der heute 18-Jährige sich bemüht, Bewerbungen geschrieben – und immer nur Absagen erhalten. Obwohl er seinen Realschulabschluss an der Krefelder Stephanschule erfolgreich absolviert hat. „Eine richtige Begründung stand darin nie", erzählt er. Klar, am Anfang hat Manuel Kemmer es sogar genossen, ein wenig freie Zeit zu haben, richtig auszuschlafen. Das geht wohl jedem nach dem Schulabschluss so. Doch je mehr Zeit verging, um so langweiliger und frustrierender wurde das ganze. „Ich wusste irgendwann nicht mehr, was ich machen sollte", erinnert sich Manuel.

Über das Jugendförderungswerk, das mit der Bundesagentur für Arbeit kooperiert, kam Manuel Kemmer schließlich zum Volksverein Mönchengladbach. Fachkraft für Möbel, Küchen und Umzugsservice – Manuel schmunzelt: „Ganz ehrlich, ich wusste nicht mal, dass das eine Ausbildung ist." Mittlerweile ist er allerdings mittendrin in der Ausbildung zur „Mökü", wie der sperrige Begriff abgekürzt heißt. Am 1. September 2013 hat der 18-Jährige seine Ausbildung begonnen. „Als ich die Zusage dafür bekommen habe, ist mir nicht nur ein Stein, sondern ein ganzer Felsbrocken vom Herzen gefallen."

Seitdem heißt es schrauben, hämmern, sägen. Möbel transportieren, Küchen aufbauen, samt Technik und Anschlüssen. Ein Job, der Manuel sichtlich Spaß macht. Ein Mal in der Woche geht es zur Berufsschule, Theorie pauken. Also ein Ausbildungsplatz wie jeder andere? Vielleicht nicht ganz. Denn Manuel und seinen Azubi-Kollegen steht Stefanie Neumann zur Seite. Die Sozialarbeiterin ist immer da und ansprechbar, wenn sie gebraucht wird, sei es bei schulischen oder privaten Problemen. „Heute zählt auf dem Arbeitsmarkt ein Abschluss", sagt Stefanie Neumann. Jugendliche und junge Erwachsene, deren Abschluss nicht so gut ist, die „nur" einen Haupt- oder Realschulabschluss vorweisen können, haben es da nicht gerade einfach. Seit 2010 bildet der Volksverein Mönchengladbach deswegen junge Menschen aus, die seit mehr als einem Jahr auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz sind. In der Zeit davor hatte der Verein bereits Arbeitsgelegenheiten für unter 25-Jährige angeboten.

Ausgebildet werden junge Menschen, „die in irgendeiner Form benachteiligt sind", sagt Stefanie Neumann. Sei es aufgrund ihres Schulabschlusses, weil sie viele Ängste haben, was etwa Prüfungssituationen betrifft, oder aber weil es Probleme im familiären Umfeld gibt. Stefanie Neumann lotet mit den Auszubildenden ihre persönlichen Möglichkeiten aus. Und das Wichtigste: „Die Auszubildenden motivieren sich gegenseitig", betont die Sozialarbeiterin. Die Arbeit ist erfolgreich: Der erste Azubi etwa, der vor zwei Jahren seine Ausbildung beim Volksverein beendete, hat den Schritt ins Berufsleben geschafft. Weitere werden mit Sicherheit folgen, wie Manuel Kemmer. Im März steht für ihn erst einmal die Zwischenprüfung auf dem Programm. Im Sommer 2016 dann die allerletzte Prüfung. Und danach? „Dann will ich Rettungssanitäter werden", sagt Manuel. Das ist sein großer Traum. Seit fast drei Jahren engagiert er sich ehrenamtlich beim Arbeiter-Samariter-Bund als Betreuungs- und Sanitätshelfer. Manchmal kommen dabei mehr als zehn Stunden in der Woche zusammen. „Aber die Zeit nehme ich mir einfach." Gerne hätte Manuel schon früher als Rettungssanitäter gestartet, doch geht das erst mit Vollendung des 18. Lebensjahres. Die Ausbildung beim Volksverein war damit auch ein guter Weg der Vorbereitung, den Manuel nicht missen möchte: „Wenn es mir keinen Spaß machen würde, wäre ich glaube ich, nicht mehr hier."

Eine Chance beim Volksverein

Der Volksverein in Mönchengladbach gibt seit 2010 mit sechs Ausbildungsstellen jungen Erwachsenen, die alle eine oder mehrere „Warteschleifen" hinter sich haben eine Chance. Vier erhalten eine Ausbildung als Holzmechaniker und Schreiner. Zwei andere werden zur Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice ausgebildet. Finanziert werden die Ausbildungsplätze durch so genannte Ausbil-dungspaten. Pate werden kann, wer gerade einmal 10 Euro im Monat spendet.
Weitere Informationen dazu im Internet unter www.volksverein.de