Sichtbar sein - Miteinander Wege gehen

Jutta Busch, Uwe Stellbrink, Patrick Haas, Kerstin Stettner, Uta Willms (c) Jutta Busch
Jutta Busch, Uwe Stellbrink, Patrick Haas, Kerstin Stettner, Uta Willms
Datum:
Mi. 14. Sep. 2022
Von:
Jutta Busch, Uta Willms

Sichtbar sein – Miteinander Wege gehen... genau das passierte auf dem Sommerfest in Stolberg-Mausbach, zu dem die Pfarrei St. Markus nach zwei Jahren Corona-Pause am Sonntag, 28. August 2022, eingeladen hatte.

Uta Willms, aktiv in ihrer Kirchengemeinde vor Ort und beeinträchtigt durch eine starke Sehbehinderung, die zur Erblindung führen wird, hatte die Idee: „Wir im Dunkeln werden oft nicht gesehen. Lasst uns also sichtbar werden auf unserem Gemeindefest und die Ver*rückte Kirchenbank nach Mausbach holen!“ 

Gesagt, getan: Zusammen mit Kerstin Stettner vom Blinden- und Sehbehindertenverein (BSV) der Städteregion Aachen und Jutta Busch vom Bistum Aachen ging es los mit den Vorbereitungen. Im Mittelpunkt: Zwei ausgediente, aber liebevoll gestaltete Kirchenbänke aus St. Anna, Walheim!  Zu besonderen Gelegenheiten oder an besonderen Orten werden diese mit WoMen-Power außerhalb von Kirchen aufgestellt, um mit Interessierten über Gott und die Welt ins Gespräch zu kommen - eine Idee vom Projektteam „Kirche an die frische Luft“ rund um Margit Umbach.

Kurzum: Wer an diesem herrlichen Sommertag im Schatten von St. Markus in den Pfarrer-Ortmanns-Park kam, den luden diese beiden Bänke zum Verweilen und zum Gespräch ein. Nahe der himmelblauen Bank im Aktionsstand konnte man sich entspannt informieren: Welche Augenerkrankungen gibt es? Wie sehen Betroffene mit ihren Augen den Aachener Dom? Welche Unterstützung bietet der BSV Aachen?

Welche Hilfsmittel gibt es, wenn die Augen schlechter werden?

Da Sehbehinderte zusätzlich zu optimal angepassten Brillen auch noch weitere Hilfsmittel, wie z.B. elektronische Lupen oder Bildschirm-Lesegeräte brauchen, stand ein Fachmann Rede und Antwort: Optiker Uwe Stellbrink von „Optik am Rathaus“ in Eschweiler hat sich auf diese besonderen Ansprüche spezialisiert und brachte eine kleine Auswahl an Lupen, Kantenfilterbrillen und ein Bildschirmlesegerät zum Anschauen und Ausprobieren mit aufs Sommerfest. Ebenfalls zum Testen lagen sogenannte Simulationsbrillen im Aktionsstand bereit, die die Auswirkungen verschiedener Augenerkrankungen simulieren. Wer Lust hatte, probierte eine solche Brille aus und konnte dadurch schnell nachfühlen, wie sich z.B. das verminderte Sehvermögen der Partnerin oder des Vaters anfühlt. 

Einige ganz Mutige haben auch unsere Pfarrkirche mit „anderen Augen“ erkundet. 

Ausgestattet mit einer Simulationsbrille und einem Langstock (=Blindenstock) ließen sie sich auf das Abenteuer Sehbehinderung ein. In Begleitung von Uta Willms erhielten sie einen kurzen Einblick, wie mühsam es ist, sich zurechtzufinden, wenn unser wichtigster Sinn versagt. „Mannomann! Das sollten alle einmal nachfühlen, wie schwer es ist, sich ohne gutes Sehvermögen auf dem Gelände und in unserer Kirche zurechtzufinden. Das hätte ich nicht gedacht!“ sagte Diakon Peter nach dieser Erfahrung.

Auch Bürgermeister Patrick Haas ließ sich auf dieses Abenteuer ein. Das freute Uta Willms ganz besonders: „Super, dass ich unseren Bürgermeister auf diesen kurzen Ausflug in die Welt der Sehbehinderung mitnehmen konnte. Ich denke, ihm wurde nun bewusst, wie schwierig es sich gestaltet, zum Beispiel die Abmessungen eines Stuhles zu erahnen, wenn man nur sehr wenig sehen kann!“

Kirche mit anderen Augen sehen - miteinander Wege gehen!  Das war das Leitwort des Sehbehindertensonntages 2022, im Rahmen dessen die Kirchenbänke ver*rückt wurden. Unser Fazit nach dem herrlichen Abschluss in St. Markus: Danke an alle Interessierten UND: Der Weg darf gerne weitergehen, sowohl auf politischer Ebene, als auch in den Gemeinden vor Ort. Was die Barrierefreiheit unserer Kirchengemeinden und der städtischen Infrastruktur anbelangt, ist noch viel Luft nach oben. Da darf gerne noch mehr wahrgenommen, sichtbar und verändert werden.

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