In völliger Absichtslosigkeit

Diakon Martin Schlicht will vor allem eines: Für die Menschen da sein

Diakon Schlicht_Nachricht_Dorothee Schenk (c) Dorothée Schenk
Diakon Schlicht_Nachricht_Dorothee Schenk
Datum:
Di. 20. Sep. 2016
Von:
Dorothée Schenk
Martin Schlicht. Selten gibt es Menschen, zu denen ein Name gut passt. Beim Flüchtlingsseelsorger der Region Düren ist es so. Ohne Koketterie, mit einem Blick, der das Gegenüber im besten Sinne wahrnimmt und sieht, sagt der Diakon Sätze wie: „Ich bin dazu da, um überflüssig zu werden.“
Diakon Schlicht_Quadratisch_Dorothee Schenk (c) Dorothée Schenk
Diakon Schlicht_Quadratisch_Dorothee Schenk

 Im Mittelpunkt zu stehen ist nicht seine Sache. Er will vor allem eines: Schlicht und einfach im Dienst für die Menschen sein. Vieles ist der gebürtige Münsterländer schon in seinem Leben gewesen: Wehrpflichtiger bei der Marine in Flensburg, Student fürs Lehramt in den Fächern katholische Theologie und Geschichte in Münster, Packer bei einem Gladbecker Unternehmen, umgeschulter Krankenpfleger, fortgebildet unter anderem zur Palliativ-Care-Pflegefachkraft und schließlich Pflegedienstleitung im Hospiz am Lendersdorfer Krankenhaus.

Vor sieben Jahren ließ sich Martin Schlicht im Dom zu Aachen zum Diakon weihen und übt seit 2012 seine Berufung im Hauptamt aus. Alles lief darauf hinaus, und doch sei die Weihe nicht der entscheidende Moment in seinem Leben gewesen – da spielen seine Hochzeit vor 28 Jahren und die Geburt seiner drei inzwischen erwachsenen Kinder eine wesentlichere Rolle. Es ist die Haltung, die Martin Schlicht trägt, und bis zur Konsequenz hat sie Ehrendomherr Herbert Steinbusch gespürt, damals Bischöflicher Beauftragter für den Ständigen Diakonat: „Egal was Sie tun – Sie sind Diakon.“ So zitiert der 55-Jährige aus den ersten Begegnungen mit seinem späteren Freund. Ein Reisender zu den Menschen im Land der 100 Sprachen „Das ist das Schöne an der Flüchtlingsseelsorge und auch damals im Hospiz: Ich darf da sein, mich voll hineingeben, dass der andere einfach weiß, es steckt eine völlige Absichtslosigkeit und Bedingungslosigkeit dahinter.“

Seit einem Jahr ist er zwischen Titz und Heimbach „im Land der 100 Sprachen“ sowohl für die Schutzsuchenden vor Krieg und Verfolgung als auch für die ehrenamtlichen Helfer da. Die Aufgabenvielfalt reicht von Koordination über Konfliktlösung und Gottesdienstangebote bis zu Einzelberatungen und Gesprächskreisen. „Ich habe keine besonderen Fähigkeiten – im Gegenteil, ich habe genau solche Fähigkeiten wie andere, vielleicht sogar nicht ganz so ausgeprägt.“ Das ist nicht Bescheidenheit, es heißt im Umkehrschluss, er möchte anderen Mut machen, sich zu engagieren mit dem Bewusstsein: Jeder kann etwas bewegen. Dazwischen bildet sich der Diakon natürlich auch fachlich fort und ist zusätzlich etwa für Schulgottesdienste und Begräbnisdienste in St. Josef Nörvenich zuständig. „Morgens um 8 Uhr stehe ich mit dem Laudes-Gebet auf, 13 Uhr ist Mittagessen für mich, teilweise um 23 Uhr ist Feierabend – das sind so die Fixpunkte.“

Einen festen freien Tag braucht er nicht, sagt Martin Schlicht, denn das gibt ihm die Freiheit, mit seiner Frau in Konzerte zu gehen oder mit seinen Kindern regelmäßig zu den Kölner Haien. Nach den Jahren im strukturierten Krankenhausdienst ist die Flexibilität ein Geschenk für den Wahl-Dürener. „Ich bin ein Reisender zu den Menschen“ sagt Martin Schlicht. Was er machen möchte, wenn er sich selbst überflüssig gemacht hat in der Flüchtlingsseelsorge, weiß er auch schon. Eine Wunsch-Aufgabe für die Zeit danach ist die Arbeit mit Obdachlosen oder… für die Besatzung von Rettungsschiffen, die Flüchtlinge aus dem Meer retten, tätig zu sein, das könnte er sich gut vorstellen – als Seelsorge für Menschenfischer.