Auch in Zukunft wird Deutschland viele Menschen aufnehmen, die aus unterschiedlichen Gründen aus ihrer Heimat fliehen müssen. Was ist aus Ihrer Sicht besonders wichtig für eine gute Flüchtlingspolitik und wie werden Sie sich für eine verbesserte Situation aller geflüchteten Menschen in unserer Region einsetzen?
Alle Flüchtlinge, egal aus welchem Kulturkreis und Land, sind in NRW willkommen – es darf keine Flüchtlinge erster und zweiter Klasse geben. Uns ist eine humanitäre und solidarische Asyl- und Flüchtlingspolitik wichtig. Die Kommunen müssen bei der Unterbringung der Menschen umfangreich unterstützt werden.
Die Unterbringung von Geflüchteten in Nordrhein-Westfalen muss neu organisiert werden. Dazu gehört die Abschaffung der zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) – Sie sollen durch ein Unterbringungskonzept ersetzt werden, das eine schnelle dezentrale Unterbringung der Hilfesuchenden sicherstellt.
Nordrhein-Westfalen ist ein Bundesland mit einer langen und vielfach erfolgreichen Migrationsgeschichte. Was wollen Sie tun, damit das Zusammenleben in der Städteregion auch in Zukunft gelingt?
Integration ist dann erfolgreich, wenn es egal ist, dass Menschen eine unterschiedliche Herkunft haben. Deshalb ist es wichtig, Menschen im Bildungsbereich und am Arbeitsplatz so zu fördern, dass sie die gleichen Chancen haben statt Unterschiede zu betonen.
Ein gutes Beispiel in unserer Region ist dabei der Bergbau: Unter Tage war immer klar, dass man sich auf seinen Kollegen verlassen konnte. Diese Mentalität müssen wir beibehalten und uns weiter daran orientieren.
Der Krieg in der Ukraine zeigt erneut, welche verhängnisvollen Auswirkungen die Umdeutung von Geschichte haben kann. Auch in der Städteregion müssen wir uns immer wieder mit rechtsextremistischen Narrativen, Geschichtsklitterung und Leugnung des Holocausts wie zuletzt bei den Querdenker:innen-Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen auseinandersetzen. Wie wollen Sie zukünftig auf Umdeutungen der deutschen Geschichte durch nationalistische Gruppen reagieren? Was kann eine Initiative wie der Aachener Appell hierbei bewirken?
Unsere demokratische Gesellschaft lebt durch die grundgesetzlich geschützte Meinungs- und Pressefreiheit. Proteste zuzulassen, ist Teil unserer offenen Gesellschaft. Aber klar ist auch, dass Äußerungen und Taten, in denen diese Grundrechte überschritten werden, nicht toleriert werden dürfen und geahndet werden müssen.
Initiativen wie der „Aachener Appell“ sind für den Zusammenhalt der Gesellschaft und für die Bekämpfung diskriminierender oder falscher Aussagen unverzichtbar.
Junge Menschen sind in besonderer Weise Ziel nationalistischer Propaganda, vor allem, wenn ihre Teilhabemöglichkeiten am gesellschaftlichen Leben eingeschränkt sind. Wie kann die Situation benachteiligter junger Menschen grundlegend verbessert werden und was werden Sie konkret dazu beitragen?
Desinformation und Hate Speech im Internet kann durch die Stärkung von Medienkompetenz für Jung und Alt entschieden entgegengetreten werden.
Die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen ist für uns selbstverständlich. Mehr Teilhabe und bessere Lebenschancen werden durch mehr Bildung erreicht. Wir möchten Schulen besser ausstatten und Angebote wie den Offenen Ganztag stärken. Wir setzen uns zudem ein für eine umfassende Unterstützung und auch Bildung der Familien durch die vermehrte Schaffung von Familienzentren.
Die repräsentative Demokratie wird immer mehr infrage gestellt. Was unternehmen Sie, um jungen Menschen Partizipation zu ermöglichen und sie für Demokratie zu begeistern? Welche Strukturen und Maßnahmen können aus Ihrer Sicht Solidarität, Toleranz und Gerechtigkeit fördern und rassistischen und fremdenfeindlichen Tendenzen den Boden entziehen?
Damit junge Menschen tatsächlich mehr Einfluss haben, wollen wir das Wahlalter zur Landtagswahl auf 16 Jahre absenken – die Ampel-Koalition auf Bundesebene plant dies auch für Wahlen zum Deutschen Bundestag. Damit auch zugewanderte junge Menschen dieses Wahlrecht auch tatsächlich zu erhalten, muss die Einbürgerung vereinfacht und beschleunigt werden.
Solidarität, Toleranz und Gerechtigkeit werden am einfachsten dadurch gefördert, dass sie gelebt werden. Die große Mehrheit der Gesellschaft steht zu diesen Werten – gerade in der heutigen Mediengesellschaft ist es wichtig, dass diese oftmals schweigende Mehrheit genauso laut und selbstbewusst wie die demokratiefeindliche Minderheit auftritt.