Annika Fohn und Holger Brantin

CDU Aachen

Holger Brantin (c) privat
Holger Brantin
Datum:
Do. 5. Mai 2022
Von:
Kirche gegen Rechts
Annika Fohn (c) Steffi Ratzke
Annika Fohn

Auch in Zukunft wird Deutschland viele Menschen aufnehmen, die aus unterschiedlichen Gründen aus ihrer Heimat fliehen müssen. Was ist aus Ihrer Sicht besonders wichtig für eine gute Flüchtlingspolitik und wie werden Sie sich für eine verbesserte Situation aller geflüchteten Menschen in unserer Region einsetzen?

Es ist überwältigend, wie viel Solidarität die Aachenerinnen und Aachener mit geflüchteten Menschen zeigen. Jedes Engagement, ob in Vereinen und Initiativen oder von rein privater Seite, verdient Dank und Anerkennung.

Gerade Geflüchtete aus Kriegs- und Krisengebieten waren oft mit unvorstellbaren Schrecken konfrontiert. Nicht wenige sind traumatisiert. Deshalb ist uns eine psychologische Unterstützung, insbesondere für Kinder und Jugendliche wichtig.

Geflüchtete Menschen, die sich eine längerfristig eine Existenz in unserer Region aufbauen möchten, brauchen einen Zugang zum Arbeitsmarkt. Mit der Landesinitiative „Durchstarten in Ausbildung und Arbeit“ hilft die CDU-geführte Landesregierung Jugendlichen mit Migrationshintergrund, insbesondere Geflüchteten, einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu finden. Solche Projekte müssen gestärkt und ausgeweitet werden. Außerdem wollen wir Menschen mit Migrationshintergrund gezielt bei der Gründung von Startups unterstützen.

Nordrhein-Westfalen ist ein Bundesland mit einer langen und vielfach erfolgreichen Migrationsgeschichte. Was wollen Sie tun, damit das Zusammenleben in der Städteregion auch in Zukunft gelingt?

Auch unsere Region ist seit Jahrhundert von Zuwanderung geprägt. Unzählige individuelle Lebens- und Erfolgsgeschichten zeigen, wie der Start in unserer Region und das dauerhafte gedeihliche Zusammenleben gelingen können.

Insbesondere Aachens Hochschulen und Forschungseinrichtungen zeigen den besonderen Wert einer vielfältigen, interkulturellen Gesellschaft. Ideen aus aller Welt werden hier zur Grundlage unseres gemeinsamen, zukünftigen Wohlstands.

Der wichtigste Schlüssel ist die deutsche Sprache. Wir werden uns dafür einsetzen, dass möglichst alle Geflüchteten und auf andere Weise zugewanderten Menschen einen niederschwelligen Zugang zu Deutschkursen erhalten. Dies gilt in besonderem Maße für Kinder und Jugendliche.

Integration ist eine wichtige Aufgabe für die Politik und die gesamte Zivilgesellschaft. Der Aachener Förderverein „Integration durch Sport“ zeigt seit vielen Jahren beispielhaft, wie Menschen mit Migrationshintergrund ein niederschwelliger Zugang zum sozialen Leben in unserer Region eröffnet werden kann. Vergleichbare Projekte müssen auch in Zukunft durch das Land gefördert werden.

Der Krieg in der Ukraine zeigt erneut, welche verhängnisvollen Auswirkungen die Umdeutung von Geschichte haben kann. Auch in der Städteregion müssen wir uns immer wieder mit rechtsextremistischen Narrativen, Geschichtsklitterung und Leugnung des Holocausts wie zuletzt bei den Querdenker:innen-Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen auseinandersetzen. Wie wollen Sie zukünftig auf Umdeutungen der deutschen Geschichte durch nationalistische Gruppen reagieren? Was kann eine Initiative wie der Aachener Appell hierbei bewirken?

Die Leugnung der schrecklichen Verbrechen des Nationalsozialismus, das Verbreiten gefährlicher Ideologien und der gezielte Einsatz von Desinformationskampagnen sind entsetzliche Entwicklungen. Sie stellen unsere Demokratie und unsere Gesellschaft vor große Herausforderungen. Umso erfreulicher ist es, dass zahlreiche Akteure aus der Politik sowie der Zivilgesellschaft mit Initiativen wie dem Aachener Appell ein starkes Zeichen für unsere Demokratie und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft setzen.

Als CDU wollen wir auch in Zukunft eine klare Haltung zeigen. Hasskriminalität im Internet muss konsequent verfolgt werden. Dazu wollen wir auch die Betreiber der Plattformen noch stärker in die Pflicht nehmen. Wir werden auch in Zukunft im Rahmen der Grundwerte unserer Verfassung Vereins- und Versammlungsverbote nutzen, um extremistischen Bestrebungen entgegenzuwirken. Zusätzlich werden wir uns dafür einsetzen, dass kein Cent aus öffentlichen Mitteln an Verfassungsfeinde fließt. Den Verfassungsschutz wollen wir als Frühwarnsystem unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung weiter stärken.

Mindestens genauso wichtig ist die Präventionsarbeit. Deshalb hat die CDU-geführte Landesregierung den Einsatz der Landeszentrale für politische Bildung gegen Extremismus und Antisemitismus verstärkt. Künftig wollen wir die wissenschaftliche Forschung zu Populismus, Radikalisierung und Extremismus noch stärker unterstützen. Außerdem wollen wir die Landesanstalt für Medien zur zentralen Anlauf- und Koordinierungsstelle für Medienkompetenzprojekte ausbauen. Auf diese Weise sollen noch mehr Menschen befähigt werden, versteckten Extremismus und Hetze gerade im Internet zu durchschauen.

Junge Menschen sind in besonderer Weise Ziel nationalistischer Propaganda, vor allem, wenn ihre Teilhabemöglichkeiten am gesellschaftlichen Leben eingeschränkt sind. Wie kann die Situation benachteiligter junger Menschen grundlegend verbessert werden und was werden Sie konkret dazu beitragen?

Extremismus-Prävention und soziale Fragen müssen zusammengedacht werden. Dies gilt ganz besonders für Kinder und Jugendliche.

Gemeinsam mit den Kommunen wollen wir ein Frühwarnsystem aufbauen. Dies soll verhindern, dass Kinder und Jugendliche in den Extremismus oder eine anders geartete kriminelle Karriere abrutschen. Dabei setzen wir ganz besonders auf die aufsuchende Kinder- und Jugendarbeit sowie die Präventionsarbeit an den Schulen. Auch soziale Projekte in den Quartieren und Stadtteilen spielen eine wichtige Rolle. Ebenso wollen wir in der Kinder- und Jugendarbeit tätige Vereine miteinbeziehen.

Eltern, Angehörige und Freunde sind wichtige Indikatoren für Jugendliche, die in den Extremismus abzurutschen drohen. Deshalb wollen wir Beratungs- und Unterstützungsangebote weiter ausbauen.

Die repräsentative Demokratie wird immer mehr infrage gestellt. Was unternehmen Sie, um jungen Menschen Partizipation zu ermöglichen und sie für Demokratie zu begeistern? Welche Strukturen und Maßnahmen können aus Ihrer Sicht Solidarität, Toleranz und Gerechtigkeit fördern und rassistischen und fremdenfeindlichen Tendenzen den Boden entziehen?

Präventive Jugendarbeit und die Vermittlung politischer Bildung sind Investitionen in die Zukunft unserer Demokratie. Deshalb wollen wir die politische Bildung in den Schulen erweitern. Außerschulisch soll sie durch eine Novellierung des Weiterbildungsgesetzes und eine Ausweitung ihrer finanziellen Förderung gestärkt werden. Wir setzen zudem auf eine stärkere Kooperation von Kultur und politischer Bildung. Dadurch können besonders niederschwellige Wege eröffnet werden. Zudem wollen wir die Fördermittel für Gedenkstättenfahrten zu ehemaligen Konzentrationslagern verdoppeln. An diesen Orten wird besonders deutlich, zu welch unsäglichem Leid lapidar daher gesagte Parolen erwachsen können.

Politische Partizipation ist für eine tolerante Gesellschaft, die fest auf dem Boden unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht, entscheidend. Wer selbst einmal politisch tätig geworden ist und vielleicht schonmal etwas bewegt hat, weiß unsere Grundwerte ganz besonders zu schätzen. Dies gilt ganz besonders für Kinder und Jugendliche. Deshalb wollen wir sie gezielt zur politischen Teilhabe anregen. Zu diesem Zweck wollen wir die digitale Demokratie-Teilhabe weiter erforschen und erproben. Auch offline sollen für junge Menschen attraktive Veranstaltungsformate verstärkt gefördert werden. Mit einem Landesprogramm „Demokratie ist Haltung“ wollen wir gezielt Jugendliche und junge Erwachsene ansprechen und für politischen Teilhabe begeistern. Im Kinder- und Jugendförderplan werden wir die Bereiche Demokratie und Mitbestimmung noch mehr berücksichtigen.