Kolumbien braucht eine Wirtschaft mit Seele

Bischof von Soacha kritisiert Großunternehmen und Großgrundbesitzer

Monseñor Juan Carlos Barreto Barreto (c) CEC
Monseñor Juan Carlos Barreto Barreto
Datum:
Do. 22. Sep. 2022
Von:
Carina Delheit

Mit deutlichen Worten hat der Bischof von Soacha, Monseñor Juan Carlos Barreto Barreto, die Haltung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Eliten Kolumbiens gegenüber der neuen kolumbianischen Regierung in einer der großen kolumbianischen Tageszeitungen mit einem Beitrag unter dem Titel „Der Aufruhr der Eliten“ kritisiert.

Nachdem es 2021 aufgrund von geplanten Steuererhöhungen der Vorgängerregierung landesweit zu massiven Protesten breiter Bevölkerungsschichten gekommen war, gebe es jetzt, so Bischof Barreto, einen Aufruhr der Eliten, die Steuerpläne der neuen Regierung mit Mehreinnahmen des Staates von 25 Mrd. Pesos in den sozialen Medien als Katastrophe für das Land beschreiben, weil sie ihre Dividenden und Steuerfreiheiten in Gefahr sehen.

Der Bischof fragt in diesem Zusammenhang nach Ursachen dafür, dass Kolumbien mit 39% der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze weltweit zu den Ländern mit der größten Ungleichheit gehört, und nach dem Beitrag, den diejenigen mit den größten finanziellen Möglichkeiten im Land zur Lösung dieses Problems zu leisten bereit sind. Dazu zieht er öffentliche Statistiken heran, nach denen etwa die hundert größten Unternehmen Kolumbiens 2021 einen Gewinn von 98 Mrd. Pesos gemacht haben. Gerechtere Steuern, so Bischof Barreto, seien in den USA und in europäischen Ländern möglich, also müssten sie es auch in Kolumbien sein.

Als weiteren Beleg für die extreme Ungleichheit im Land nennt der Bischof das Verhältnis von landwirtschaftlicher Nutzfläche zu den sie bearbeitenden Betrieben: 2014 bewirtschaftete 1% der Betriebe 81% der Agrarfläche und die übrigen 99% das restliche Agrarland von 19%. Die Landfläche der Großgrundbesitzer Kolumbiens hat sich von 5 Mio. ha im Jahr 1970 auf 47 Mio. ha im Jahr 2014 fast verzehnfacht.

Bischof Barreto fürchtet, dass angesichts dieser Land- und Einkommensverteilung, bei der nur die Reichen von den Reichtümern des Landes profitieren, der soziale Frieden nicht zu erreichen sei. Und er zeigt sich besorgt über eine Zunahme an Desinformationen in den sozialen Medien, die politisch wenig interessierten oder desillusionierten Bevölkerungsteilen die neue Regierung in Horrorszenarien vermitteln und damit Wege zur Überwindung der extremen Ungleichheit erschweren.

Der Bischof schließt seine Ausführungen mit einem Zitat von Papst Franziskus aus dem Jahr 2020, in dem dieser sich für eine Wirtschaft ausspricht, die Leben ermöglicht und nicht tötet, die einbezieht statt ausschließt, die Menschlichkeit fördert statt Unmenschlichkeit, die die Schöpfung achtet und nicht missachtet - eine Wirtschaft von morgen mit Seele.