Für Impfen - gegen Entsolidarisierung

Moraltheologe und Bioethiker aus Bogotá zur COVID-19-Impfung und Verschwörungstheorien

Corona-Impfungen (c) pixabay.com
Corona-Impfungen
Datum:
Mo. 1. Feb. 2021
Von:
Carina Delheit

Mit Blick auf den erhofften COVID-19-Impfstart in Kolumbien hat der Moraltheologe und Bioethiker Monsignore Alejandro Díaz García aus Bogotá in der auch in Kolumbien kontrovers geführten Debatte rund um die Impf-Frage einige Grundüberlegungen veröffentlicht.
Darin betont er, dass niemand gegen den eigenen Willen und ohne Zustimmung geimpft werden kann. Es könne nachvollziehbare Gründe dafür geben, nicht geimpft zu werden.
Alle seien aber verpfichtet, sowohl ihre eigene Gesundheit als auch die ihrer Mitmenschen in ihrem Entscheiden und Handeln in Betracht zu ziehen. Angesichts der außergewöhnlichen Pandemiesituation sei daher mehr denn je von allen verantwortliches Verhalten für das Gemeinwohl gefordert. Deshalb sei eine Impfung dringend zu empfehlen.

Viel werde davon abhängen, so Díaz, ob die Landes- und Regionalregierungen und zuständigen Behörden nach dem Gleichheits- und Gerechtigkeitsgrundsatz die Verteilung des Impfstoffs gewährleisten und den in Kolumbien weitverbreiteten Korruptionstendenzen entgegensteuern. Das betreffe die Kosten für die Impfung ebenso wie die Priorisierung von Personengruppen, die aus ethnischen Gründen vorrangig geimpft werden sollen, aber auch eine angemessene Verteilung der Impfdosen auf das ganze Land. Insbesondere Menschen mit hohen Infektionsrisiken sollten Vorrang haben, aber auch die sozial am meisten Bedürftigen, um die von Papst Franziskus beklagte medizinische Marginalität dieser Menschen zu verhindern.

Wichtig in dieser schwierigen Situation, sei laut Díaz auch die grundsätzliche Bereitschaft aller, der Wissenschaft und den Institutionen des Gemeinwesens zu vertrauen. Eine befriedigende Impfstrategie lasse sich nur mit ihnen und nicht gegen sie entwickeln. Kontraproduktiv seien unbegründete Missverständnisse rund um das Thema Impfen bis hin zu gezielt geschürten Ängsten und Verschwörungstheorien, die nicht nur die öffentliche Gesundheit sondern auch den sozialen Frieden gefährdeten.
Weiterhin seien für den Rest der Pandemie Werte wie Solidarität, Kreativität, Geduld und innere Stärke gefragt, wie sie die kolumbianische Gesellschaft in der ersten Pandemiephase großteils gelebt habe.

Die kolumbianische Regierung hat inzwischen ein Impfkonzept vorgelegt, das vorrangig zu impfende Gruppen und die Verteilung des Impfstoffes auf die Departements festlegt. Die ersten Impfungen sollen nach jetzigem Stand im Februar erfolgen.