Blick in die Zukunft statt zurück

Jubiläumswoche der Kolumbienpartnerschaft startete bei der gemeinsamen Versammlung der Räte

Kirchenzeitung 39 (c) Andreas Schmitter
Kirchenzeitung 39
Datum:
Do. 22. Sep. 2011
Von:
Monika Herkens
Von Thomas Hohenschue Ein Jubiläum lässt sich als Selbstbespiegelung inszenieren, mit einem betulichen Blick zurück.

Oder es wird genutzt, um Herausforderungen zu benennen und in die Zukunft zu schauen. Letzteren Ansatz verfolgt das Bistum Aachen, während es das 50-Jährige seiner Partnerschaft mit der Kirche Kolumbiens feiert.

Symbolik prägt die Planung der Jubiläumswoche. Die Delegation aus Kolumbien: breit zusammengesetzt, Bischöfe finden sich darunter wie auch ein Direktor der Sozialpastoral und ein Laienmissionar. Die Rundreise: flächendeckend, alle Regionen des Bistums werden besucht. Ein Buch trägt in faszinierender Fülle  Glaubenszeugnisse aus kolumbianischen Diözesen und Aachener GdG zusammen.

Und auch der Auftakt am 17. September hatte symbolischen Charakter: Es war die gemeinsame Versammlung der diözesanen Räte, also der Beratungsgremien des Bischofs, die mit den Gästen aus Kolumbien auf eine gute Zukunft der Partnerschaft anstieß und zugleich miteinander besprach, wie eine solche gute Zukunft ausgestaltet werden kann. Mittendrin, gut gelaunt und mit viel Freude am Austausch, Bischof Heinrich Mussinghoff. Mit dabei: Mitglieder der Bischöflichen Kommission für die Partnerschaft und der San-Pedro-Claver-Stiftung.

Wer den Weg ins August-Pieper-Haus in Aachen gefunden hatte, erlebte eine ehrliche Bestandsaufnahme und
Auseinandersetzung mit den Perspektiven des Partnerlandes und der Partnerschaft. Große gesellschaftliche und Deutschpolitische Probleme prägen viele Regionen Kolumbiens und fordern die Kirche vor Ort heraus. Akteure aus dem Bistum Aachen können helfen, doch ermüdet an einigen Stellen der Elan, mit dem dieses
noch geschieht.

Zugleich gibt es Hoffnungszeichen, zum Beispiel gute Erfahrungen mit den Einsätzen von jungen Leuten, die Wege in eine gemeinsame Zukunft weisen. All das kam bei der gemeinsamen Versammlung zur Sprache, im Bewusstsein einer „Verbundenheit in der Verpflichtung, dass wir alle eine Sendung haben“, wie Bischof Mussinghoff seine Sicht auf Weltkirche skizzierte.

Projektpartner arbeiten an sozialen Problemen

Den Anfang machte Susanne Breuer, Mitarbeiterin des Bischöflichen Hilfswerks Misereor. Das Werk hat von seinem Auftrag her mit den Schattenseiten des Partnerlandes zu tun, mit der Armut großer Bevölkerungsteile, mit Vertreibung und Verfolgung, Gewalt und Mord, Drogen und  Kindersoldaten in vielen Regionen. Das Land an sich sei reich, nicht nur kulturell und landschaftlich, sondern auch, was zum Beispiel seine Rohstoffe betrifft, betonte Breuer. Und fügte hinzu, dass die ungleiche und ungerechte Verteilung dieses Reichtums die Quelle der meisten Probleme Kolumbiens sei. Kolumbianische Projektpartner, die von kirchlichen Organisationen aus Deutschland finanziell, personell und ideell unterstützt werden, engagieren sich vielfältig, wie bei der gemeinsamen Versammlung deutlich wurde. So verschieden die regionalen Situationen in Kolumbien sind, so unterschiedlich agiert auch die Kirche in Kolumbien. Manche Diözesen beschränken sich auf Liturgie und Katechese. Andere wiederum setzen sich beharrlich für Bildung, Selbstorganisation und Menschenrechte der Bevölkerung ein.

Nur die Kirche kann den Weg zum Frieden öffnen

Die Gäste aus Kolumbien machten in Aachen deutlich: Kirchliche Mitarbeiter gehen bei ihrem Einsatz nicht selten ein deutliches Risiko für Leben und Gesundheit ein, häufig sogar ihrer Familien. Auch sie gehören zu den bedrohten Personen, welche entführt, ermordet,
verstümmelt und gefoltert werden. Und wer jemanden wie Padre Luis Carlos Hinojosa Moreno erlebt, der im vollen Bewusstsein der Gefahr vermittelt: „Hier stehe ich und ich kann nicht anders“, der versteht, dass nur die Kirche in Kolumbien Wege öffnen kann zu einer friedlichen und gerechten Zukunft des Landes.

Zugleich braucht die Kirche selbst neue Impulse, auch im Partnerland. Zwar verzeichnet die Geschwisterkirche in Kolumbien steigende Berufungszahlen für Geistliche und Ordensleute und erfreut sich dabei der finanziellen Förderung durch die Aachener Diözese. Zugleich setzt aber auch im tief katholisch geprägten Partnerland ein Prozess der Säkularisierung ein und verzeichnen andere christliche Kirchen einen erheblichen Zulauf.

Laien können die dringend benötigten Impulse für das katholische Leben setzen. Diesen Gedanken würdigten Bischof Mussinghoff und Renate Müller vom Diözesanrat der Katholiken, indem sie die Laieninitiative „Bibelhäuschen“ aus  Bogotá als „lebendigen Schatz des Bistums Aachen“ auszeichneten. Susanne und Markus Büker, welche die Initiative vor Ort begleiten, machten deutlich, dass ihnen diese  Auszeichnung gegenüber binnenkirchlichen Bedenkenträgern den Rücken stärke. Eine Botschaft prägte die
Abschlussrunde der Versammlung: Die vielfach angesprochenen freiwilligen Einsätze von jungen Leuten aus dem Bistum Aachen in sozialen Einsatzstellen in Kolumbien werden als ausgesprochen fruchtbar für beide Seiten begriffen.

Begegnung und Austauschsollen ausgebaut werden

Deshalb bekräftigte Bischof Mussinghoff die Zielsetzung, dass solche Einsätze ausgebaut werden sollen und künftig auch umgekehrt junge Leute aus Kolumbien im Bistum Aachen soziale Einsätze leisten können sollen. Auch die Begegnung im Rahmen von gegenseitigen Besuchen soll weiter ausgebaut werden. Denn diese fördert Verständigung und Freundschaft, betonten beide Seiten. Der Gedanke greift im Bistum, wie am  Beispiel einer längst ausgebuchten Reise von pastoralem Personal in 2012 deutlich wurde.

Ein Pontifikalamt im Dom und ein Empfang in der Domsingschule rundeten den festlichen Start in Aachen ab. „Die Partnerschaft gehört zur Pflicht, nicht zur Kür unseres pastoralen Handelns“, resümierte Kolumbienbeauftragter Pfarrer Stefan Dückers. Und trat mit der Delegation aus Kolumbien und Pastoralreferent Thomas Hoogen die Rundreise durch das Bistum an. Dort standen Begegnung und  Austausch mit Menschen aus den Regionen im Mittelpunkt.