Sinai (c) Photo by Artem Labunsky on unsplash

Dreifaltigkeitssonntag // zur ersten Lesung

Datum:
Fr. 2. Juni 2023
Von:
Annette Jantzen

Wenn Gott sich zeigt

Mose brach früh am Morgen auf und stieg hinauf auf den Berg Sinai, wie es ihm DIE EWIGE befohlen hatte, und er hielt in seiner Hand die beiden steinernen Tafeln.
Und DIE EWIGE stieg hinab in der Wolke und stellte sich dort mit ihm hin und rief: „Im Namen DER EWIGEN!“ Und DIE EWIGE zog vor seinem Angesicht vorbei, und rief: „DIE EWIGE ist DIE EWIGE, eine mütterlich-erbarmende und zuwendend-gnädige Gottheit, langsam zum Zorn und reich an Liebe und Verlässlichkeit, die Liebe haltend für tausende Generationen, aufhebend Schuld und Frevel und Sünde. Aber lossprechen, nein lossprechen wird sie nicht, heimsuchend die Schuld der Eltern bei den Kindern und bei den Kindern der Kinder, bis zur dritten und bis zur vierten Generation.“
Und Mose beugte sich eilends zur Erde und warf sich nieder. Und er sagte: „Wenn ich doch Gnade gefunden habe in deinen Augen, mein Herr, wandle doch, mein Herr, inmitten von uns. Den es ist ein halsstarriges Volk, und du hast unsere Schuld und unsere Sünden vergeben und uns zum Erbe genommen.“

(Exodus 34, 4-9, Übersetzung: AJ)

Es ist Gott, die den Menschen entgegenkommt und ihren Namen offenbart. Mühseliges Hinaufsteigen in aller Frühe, wenn es in der Wüste noch dunkel und kalt ist, wird beantwortet mit dem federleichten Herabkommen Gottes. Mit Mose stehend, ausgesetzt auf dem Berg, erklärt Gott selbst weithin über die Stille der Gipfel hinweg, in wessen Namen dies alles besteht, wer die Welt erhält, wer sich um die so zerbrechlichen Menschen da in der Wüste ihres Lebens kümmert.

Die Einheitsübersetzung bietet an, hier zu lesen: "Er rief den Namen des Herrn aus. Der Herr ging vor seinem Angesicht vorüber und rief: Der Herr ist der Herr..." Im Text steht der unaussprechliche Gottesname - unaussprechlich, weil jeder Name zu klein ist, und wenn es einen Ort auf der Welt gibt, wo das unmittelbar einleuchtet, dann auf dem Sinai. Und natürlich ist der Blick über die Berge majestätisch. Aber wer ihn tun darf, erfährt noch mehr - erfährt etwas davon, wie unfassbar groß die Welt ist und wie klein wir Menschen darin sind. Die Gottheit, die das alles sieht und hält und bewahrt, die diese unfassbar große Welt umhüllt und bei der nichts verloren geht, die ist doch deutlich mehr als so ein Herrschaftsanspruch. Da ist eine Gegenwart, vor der die Worte versagen und versiegen. Da bleibt nur sprachloses Staunen, dass es uns gibt, dass es die Welt gibt, und dass hinter allem Gottes Güte steht. "Erweisend, mich erweisend bin ich" könnte man den Gottesnamen auch übersetzen: als Gott für diese Welt, als Gott so viel größer als diese Welt.

Mose erfährt auf dem Sinai Gottes Gegenwart. Sie ist ehrfurchtgebietend, so dass Mose sich niederwirft, und kommt mit einem gewaltigen Selbstzeugnis, das alle Widersprüchlichkeit enthält von Gott und vom Leben, so wie die großartige Natur des Sinai-Gebirges, das so atemberaubend schön und gleichzeitig so bedrohlich ist: Gott ist liebevolles Erbarmen, bergend, sich zuwendend und Leben ermöglichend. Das Erbarmen Gottes steht unfassbar groß über allem: Tausende Generationen umfassend, also unvorstellbar weit überragt es alles, was in menschlicher Erinnerung Bestand hat. Aber die Verstrickungen der Menschen gibt es trotzdem, das Böse nimmt Gott aus der Welt, aus der Generationenfolge, aus der Geschichte nicht weg. Was Beziehungen stört und schwächt, findet im Nahraum statt: Drei und vier Generationen, so viele wie höchstens in einer altisraelitischen Großfamilie zusammenleben. (Tausende Generationen, das ist unübersehbar lang. Das ist so lang, wie Atommüll strahlt, nachdem 3 Generationen von dieser Technologie profitiert haben.) Mitten unter diesen verstrickten Menschen aber geht Gott mit auf ungewissem Weg. 

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