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7. Sonntag der Osterzeit // Zum Evangelium

Datum:
Fr. 14. Mai 2021
Von:
Annette Jantzen

In jener Zet betete Jesus: Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie waren dein und du hast sie mir gegeben und sie haben dein Wort beachtet. Heiliger Gott, halte und bewahre du sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie auch wir. Als ich bei ihnen war, habe ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, gehalten und bewahrt. Und ich habe sie behütet, und keiner und keine von ihnen ging verloren, außer dem einen, der aus der Verlorenheit stammt. Und dies geschah, damit die Schrift erfüllt werde. Jetzt aber gehe ich zu dir und sage dies in der Welt, damit sie meine vollkommene Freude in sich haben. Ich habe ihnen dein Wort gegeben. Und die Welt hasste sie, weil sie nicht zur Welt gehören, wie auch ich nicht zur Welt gehöre. Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt wegnimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst. Sie gehören der Welt nicht an, so wie ich der Welt nicht angehöre. Heilige sie in der Wahrheit. Dein Wort ist Wahrheit. Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt. Und für sie heilige ich mich, damit auch sie wahrhaftig Geheiligte werden.

Johannesevangelium, Kapitel 17, Verse 6.11-19

Was auf den ersten Blick so sperrig wirkt, in immer neuen Wendungen und Wiederholungen, so viele Worte, es ist eigentlich ganz einfach: Du, ich, sie. Wir. Verbundenheit. Dein Name, den du mir gegeben hast: Pure Gegenwart. Ich habe deine Nähe den Menschen erfahrbar gemacht. Bewahre sie in dieser deiner Nähe.

Was auf den ersten Blick so trocken wirkt, es ist knallvoll mit Leben: der Name, das Wort, die Fülle. Das Wort, in die Welt gesandt. Das Wort, in dem Gott widerhallt. Das Wort, das die Welt ins Dasein gerufen hat. Und wir, die Menschen: ein Resonanzraum für das Wort Gottes. Unser Leben ist aus dem Wort Gottes gewebt. Aus dem Wort, das alles gut machen kann: Du sollst sein. Ich bin da.

Was auf den ersten Blick so langatmig wirkt, es ist ein immer neuer Anlauf, um dem Geheimnis der Gegenwart Gottes auf die Spur zu kommen. Wo die Kraft der Verbundenheit Menschen zusammenbringt, wird etwas heiliges erfahrbar. Wie damals, als Mose erkannte: Hier, wo der Dornbusch brennt, ohne zu verbrennen, ist heiliger Boden. Hier ist etwas Endgültiges zum Greifen nah. Eine Ahnung von der unzerstörbaren Kraft des Lebens und der Solidarität. Eine schöpferische, fruchtbare, überschäumende Kraft. Eine Wahrheit, die keinen Beweis braucht.

Was so ausschließend klingen kann: Es ist nichts hermetisch abgeschlossenes zwischen Gott und Sohn, die unerreichbar für uns eine Einheit bilden. Im Gegenteil: Hier wird eine Verbundenheit gefeiert, die selbst den Tod überwinden wird.  Alle Grenzen zwischen Menschen, die zu Trennung und Tod führen, sie sind nur vorübergehend. In Gottes Gegenwart werden sie unbedeutend.

Die diese Zeilen geschrieben haben, sie wussten um die Zerbrechlichkeit des Lebens, sie kannten das ungeduldige Warten und die Entfremdung voneinander, die die Gemeinschaft-über-den-Tod-Hinaus bedroht.  Sie wussten,  dass Gott den Lauf der Geschichte nicht aufgehalten hatte. Sie wussten,  dass die ungerechte Trennung in Mächtige und Unterlegene nicht beendet worden war. Und sie erkannten doch die Wirksamkeit Gottes unter der Oberfläche dieser Welt und eine Verbundenheit im Glauben an Gottes unzerstörbares Leben, die tiefer reicht als alle Trennung. Sie bildeten die Weisheitsgemeinschaft (mehr dazu im Artikel über die Weisheitstheologie), die das Wort Gottes in der Welt gehört hatte. So weit weg von uns heute, und doch bleibt, dass vor Gott alles sehr einfach wird: 

Du, ich, sie. Wir.
Der Name,  das Wort, die Fülle.
Wahrheit. Heiligkeit.
Leben.

 

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