Frau vor wildbunter Wand (c) Photo by Tyler Nix on Unsplash

6. Sonntag der Osterzeit // Sonntagsfeier zu Hause

Datum:
Sa. 16. Mai 2020
Von:
Annette Jantzen

Es verspricht ein strahlender Sonntag zu werden. Die akute Bedrohung ist erst einmal gebannt, aber "normal" ist noch weit weg, und vor uns liegen die Mühen der Ebene. Aber der Sonntag ist eine Atempause, und um das Leben trotzdem zu feiern, versuche ich, einen Platz im Freien zu finden oder einen anderen Lieblingsplatz, und mich mit dem Leben zu verbinden: Mit Menschen, mit denen ich sprudelnde Kreativität erlebt habe, und mit der Kraft, die alles durchwirkt und trägt.

 

Zur Einstimmung:
Die Momente aus der letzten Woche sammeln, für die ich dankbar bin. Tief ein- und ausatmen. Was mich bedrückt, was ich bedauere, was mich geärgert hat, ausatmen. Ruhe und Zuversicht aufsteigen lassen. In dieser Haltung, wenn ich drinnen bin, meine Kerze anzünden. Wenn ich draußen bin, die Sonne auf mein Gesicht scheinen lassen und die Helle und Wärme genießen.

Lieblingsmusik anmachen, laut oder mit Kopfhörern. Vorschlag: Die Steppe wird blühen

 

Das Evangelium lesen (Johannes, Kapitel 14):
Jesus sagte: Wenn ihr mich liebt, dann werdet ihr meine Gebote halten. Und ich werde Gott bitten und sie wird euch einen anderen Trost geben, der immer bei euch sein soll: Die Geistkraft der Wahrheit, die die Welt nicht erfassen kann, weil sie sie weder sieht noch erkennt. Ihr kennt sie, denn sie bleibt bei euch und wird in euch sein. Ich lasse euch nicht als Waisen zurück, ich komme zu euch. Noch kurze Zeit und die Welt sieht mich nicht mehr, ihr aber seht mich, denn ich lebe und ihr werdet leben. An dem Tag werdet ihr erkennen, dass ich in Gott bin und ihr in mir seid und ich in euch. Alle, die meine Gebote haben und sie halten, lieben mich. Und die mich lieben, werden auch von Gott geliebt werden und ich werde sie lieben und mich ihnen zeigen.

 

Auslegung:
Das Johannesevangelium mit seinen vielen Wendungen, wer nun in wem ist und wer in wem bleibt, kann heute fremd und ätherisch-abgehoben wirken. Aber man sollte die Kraft des Geistes, die da benannt wird, nicht unterschätzen, auch wenn die Sprache nicht mehr die unsere ist. Da wird etwas so einfaches wie großes gesagt: Das Gottesgeheimnis wirkt in der Welt, alle Erfahrungen, die wir machen können, sprechen von ihm oder von seiner Abwesenheit. Es gibt keinen gottlosen Ort in der Welt, höchstens Orte, wo Gott verraten und missbraucht wird. Vielleicht wird bei uns so wenig von dieser Geistkraft gesprochen, weil sie so allumfassend ist. Wie sprechen Fische vom Wasser?

Geist der Wahrheit, sagt Jesus. Für heute könnte das heißen: Die Ahnung, dass wir weiterhin von Gottes Lebenskraft getragen werden. Dieses "Erkennen", von dem Jesus spricht, ist kein Orden, keine Belohnung für irgendwie von Gott mehr geliebte Menschen. Erkennen ist dann kein Geheimwissen, zu dem nur bestimmte Menschen Zugang erhalten, sondern die Ahnung, trotz allem aufgehoben zu sein, nicht verwaist zurückgelassen in einer feindlichen Welt.

Eine weitere Falle beim Lesen des Johannesevangeliums ist, Gott für langatmig zu halten. Gott hat einen langen Atem, aber das Gottesgeheimnis kann nicht langweilig sein. Ich lebe und ihr werdet leben: Überall, wo Verbindung und Kreativität ist, wo Menschen etwas entwickeln, sich helfen, quer denken, mit Einfallsreichtum auf Krisen reagieren, da wird das Gottesgeheimnis spürbar.

Und zuletzt: Heute ist auch der Tag der Apostelin Junia. Sie hat tatsächlich einen offiziellen Platz im katholischen Heiligenkalender. "Junia, ich hätte dich gerne kennengelernt. Es wäre schön, wenn wir Zeit und Raum überwinden und du jetzt hier sein könntest. Du Junia bist der Beweis. Es ist eingetroffen, was im Johannesevangelium steht. Der Funke ist übergesprungen. Jesus sagt: Wir bleiben in Verbindung. Wir lieben uns, ihr werdet die Gebote halten. Er meint nicht Paragraphen und Vorschriften sondern er meint eine Haltung und Ermutigung, die uns trägt. Jesus spricht von der innigen Liebe zwischen ihm, Gott, der Geistkraft - der Dreifaltigkeit und uns. Wir sind eingebunden in diese Liebesbeziehung. Die Dreifaltigkeit wird vielfältig. Wir sind eingebunden in das Beziehungsnetz, das bis heute trägt. Junia, du hast das Netz mit dem Band der Liebe weitergeknüpft bis zu uns heute. Du bist für mich die Patronin derer, die Jesu Botschaft in Wort und Tat bezeugen, die Patronin der Netzwerkerinnen.“ (Aus der Predigt von Monika Heidenfels zum ersten bundesweiten Predigerinnen-Tag. Die vollständige Predigt gibt es ab 17.5 hier.)

Heute am Sonntag das Leben zu feiern, heißt an diesem Netz weiter zu knüpfen.

 

In Verbundenheit beten:
Manche Worte, Gebete, Bibeltexte muss ich mir immer neu gegen eine Fremdheit aneignen. Und andere sind so tief in mein Herz gekommen, dass ich mich von ihnen tragen lassen kann. Das Vaterunser gehört zur zweiten Sorte, und es macht mein Herz warm und weit, wenn ich mir ins Bewusstsein rufe, dass sie mir über die Generationen hinweg von Jesus selbst vorgesprochen worden sind.

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme, dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute
und vergib uns unsere Schuld
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

 

Zum Ausklang:
Ein Vorhaben fassen. Wann fühle ich mich lebendig? Wo komme ich mit meiner Kreativität in Kontakt? Mit wem habe ich schon das Leben gefeiert? Aus den Antworten auf diese Frage einen Termin mit mir selber (oder auch mit anderen) machen: Heute - oder an einem bestimmten Tag in dieser neuen Woche - werde ich mir dafür Zeit nehmen, um bewusst deine Lebendigkeit in mein Leben zu lassen.

 

Abschließend beten:
Gott, bleibe bei mir, bleibe bei uns. Lass mich Zuversicht atmen
und bewahre unser Leben bei dir. Amen.

 

Lieblingsmusik spielen. Vorschlag: Dein Hurra

 

Bleiben Sie gut behütet. Wenn Sie ein offenes Ohr brauchen, erreichen Sie mich unter 0172-2685162 oder bei facebook: gotteswort, weiblich