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3. Adventssonntag Lesejahr B // Magnificat

Datum:
Sa. 12. Dez. 2020
Von:
Annette Jantzen

Zu Maria gibt es unzählige Bilder. Sie haben viel mit dem zu tun, was Männer über Frauen denken, was Frauen sich wünschen, was unerreichbare Ideale sind. Sie zeichnen Sehnsüchte nach und den Glauben an Geborgenheit. Womit sie notwendigerweise recht wenig zu tun haben ist Mirjam, die Mutter Jeschuas aus Nazareth, eine Stimme in der langen Reihe der Prophetinnen und Propheten Israels. 

Wann sie verheiratet wurde, wie viele Kinder sie gehabt hat (die Evangelien kennen mindestens sieben), wie ihr Leben aussah, das meiste davon bleibt im Dunkeln zurück wie die allermeisten Leben auf dieser Erde.

Aber da ist dieses Lied: Meine Seele lobt die Lebendige, und mein Geist jubelt über Gott, die mich gerettet hat. Ein Lied, eine Stimme, eine der letzten Strophen im Gesang eines großen biblischen Chores, eines Chores auch von prophetischen Frauenstimmen: Mirjam, Schwester des Mose, Deborah, Hannah sind einige, deren Namen mit überliefert sind. Namenlose Stimmen wie die, die im Buch Jesaja mitsingen, klingen mit.Meine Seele soll jubeln über Gott, singen sie, die die Erniedrigten groß macht und der ungerechten Herrschaft ein Ende bereitet. Es sind Lieder derer, die beides kennen, sowohl die Diskriminierung als auch die Erfahrung, ins Recht gesetzt zu werden. Im 1. Buch Samuel ist es Hannah, die singt, nachdem sie lange Jahre kinderlos geblieben war, ein gesellschaftlicher Makel und eine biographische Katastrophe, und die dann doch noch ein Kind bekam. Ihr Lied klingt bis in die einzelnen Strophen am deutlichsten nach im Lied Mirjams, der jungen Schwangeren. Beide sind bedroht von der gesellschaftlichen Ordnung ihrer Zeit und doch bricht sich in ihren prophetischen Liedern eine größere Erfahrung Bahn, über das eigene Leben hinaus.

Es sind leiderprobte Stimmen, in denen doch von der Begegnung mit einer Heiligkeit nachklingt, die alles Böse einmal verglühen lässt. Der Jubel darüber kann mit brüchigen, rauen Stimmen gesungen werden, mit Stimmen, denen man das Weinen noch anhört, das Entsetzen und die Angst. 

Und es gibt auch Zeiten und Erfahrungen, die lassen selbst diesen Jubel nur noch als Fragment zu. Im Strudel alles umstürzender Nachrichten, von der Pandemie bis zur Gewalt, die in der Kirche Menschen angetan und zugelassen wurde, wird der Jubel fraglich. Und doch gehört es zur Wirklichkeit Gottes, dass diese prophetischen Stimmen weiterklingen und denen eine Stimme geben können, denen es die Stimme verschlagen hat, dass Gott auf eine Weise heilig ist, die von Menschen nicht zerstört werden kann und die eine Heimat gibt in aller Bedrohung:

"Meine Seele lobt die Lebendige,
und mein Geist jubelt über Gott, die mich rettet.
Sie hat auf die Erniedrigung ihrer Sklavin geschaut.
Seht, von nun an werden mich alle Generationen glücklich preisen,
denn Großes hat die göttliche Macht an mir getan,
und heilig ist ihr Name.
Ihr Erbarmen schenkt sie von Generation zu Generation
denen, die Ehrfurcht vor ihr haben.
Sie hat Gewaltiges bewirkt.
Mit ihrem Arm hat sie die auseinander getrieben,
die ihr Herz darauf gerichtet haben,
sich über andere zu erheben.
Sie hat Mächtige von den Thronen gestürzt und
Erniedrigte erhöht,
Hungernde hat sie mit Gutem gefüllt
und Reiche leer weggeschickt.
Sie hat sich Israels, ihres Sklavenkindes, angenommen
und sich an ihre Barmherzigkeit erinnert,
wie sie es unseren Vorfahren zugesagt hatte,
Sara und Abraham und ihren Nachkommen für alle Zeit.“

Lukas 1, 46-55

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