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15. Sonntag im Jahreskreis B // Zur zweiten Lesung

Datum:
Fr. 9. Juli 2021
Von:
Annette Jantzen

Gesegnet sei Gott, Ursprung Jesu, des Christus, dem wir gehören.
Gott hat uns gesegnet mit allem geistgewirkten Segen in den Himmelsräumen bei Christus.
Denn Gott hat uns in ihm erwählt, bevor die Welt geschaffen wurde, damit wir vor Gottes Angesicht heilig und vollkommen seien.
In Liebe hat Gott uns zur treuen Kindschaft vorherbestimmt durch Jesus, den Christus, wie es der Güte des göttlichen Wollens entspricht, damit wir den Glanz der göttlichen Gnade preisen, die uns mit dem Geliebten geschenkt ist.
Mit dem Geliebten haben wir Erlösung, vermittelt durch sein Blut. Erlassen sind uns die Übertretungen nach dem Maß von Gottes reicher Gnade, die uns überströmend gewährt ist.
In aller Weisheit und Einsicht ließ Gott uns das Geheimnis des göttlichen Wollens erkennen, entsprechend der Güte, zu der sich Gott in ihm entschlossen hatte, zu einem Plan in der Fülle der Zeiten.
Um es zusammenzufassen: »Alles ist in dem Gesalbten, das, was im Himmel, und das, was auf der Erde ist, ist in ihm.« Mit dem Geliebten wurde auch uns ein Los zugeteilt, die wir schon vorher dazu bestimmt waren, entsprechend der Absicht, die sich in der Erhaltung des Alls nach dem Ratschluss des göttlichen Wollens zeigt, damit wir ein Lobpreis des göttlichen Glanzes seien, die wir schon vorher auf den Gesalbten hofften.
Mit dem Geliebten wurdet auch ihr versiegelt mit der heiligen Geistkraft der Verheißung, als ihr das Wort der Wahrheit hörtet, die Freudenbotschaft eurer Rettung, auf die ihr nun vertraut. Die Geistkraft ist Anzahlung auf unser Erbteil, damit wir gemeinsam, zu Gottes Eigentum befreit, den göttlichen Glanz preisen.

Brief an die Gemeinde in Ephesus, Kapitel 1, Verse 3-14

Ein Gedicht aus der neuen Zeit: Es zehrt von seinen jüdischen Wurzeln wie auch von den Vorstellungen der antiken Weisheitsbewegungen - ein Gedicht vor allem, bei dem der Unterschied besonders deutlich ist, den die "Bibel in gerechter Sprache" macht.

Wie anders klingt es in der androzentrischen Übersetzung :

"Denn in ihm hat er uns erwählt vor der Grundlegung der Welt
damit wir heilig und untadelig leben vor ihm.
Er hat uns aus Liebe im Voraus dazu bestimmt,
seine Söhne zu werden durch Jesus Christus
und zu ihm zu gelangen nach seinem gnädigen Willen"...

- ein Geschehen zwischen Vater, Sohn und zu Söhnen Erwählten, in dem die Geistkraft als zur Gegenwart drängende göttliche Schöpferin kaum noch ihre Kraft entfalten kann. "Er hat uns dazu bestimmt, seine Söhne zu werden...": Alles, was danach kommt, geht Frauen so gut wie nichts mehr an. Es bleibt etwas Fremdes, das andere meint.

Umso erhellender ist die Übersetzung, die solche Engführungen vermeidet. Es gibt Anfragen an diese Art der Übertragung. Aber kann Grammtik wirklich über dem Zugang zur Gottesfülle stehen? Und wäre es denkbar, wäre es irgendwie zu vereinbaren mit Jesus von Nazareth, wenn tatsächlich Frauen hier nicht vorkommen dürften? Das klingt genauso kleinlich angesichts der Größe Gottes wie eine Diskussion darum, ob von Gott nur mit männlichem Artikel richtig zu schreiben sei.

Auch in der neuen Übersetzung finden sich fremde Sprachspiele. Die Himmelsräume, der göttliche Glanz, die Geistkraft der Verheißung - sie sind heute nicht mehr geläufig. Auch das Freikaufen im Blut hat die Symbolselbstverständlichkeit verloren, mit der es als Bild verstanden wurde. Später wurde daraus das Zerrbild eines tyrannischen Gottes, der den Mord an seinem Sohn verlangt, sollen nicht alle Menschen an ihren Sünden zugrundegehen. Aber es ist ja ein Gedicht. Ein Gedicht singt, es definiert nicht. Es erreicht eine Höhe des Jubels, die sich nicht in Lehrsätze fassen lässt. Es besingt die Ermächtigung derer, die die grenzenüberwindende Macht der Freundschaft Gottes erleben, die Kraft der Solidarität und der Verbundenheit.

Und es schließt niemanden aus, sondern sieht die ganze Gemeinde in einer neuen Wirklichkeit verbunden, erkennt in der notvollen Gegenwart die Nähe Gottes, schwingt sich zu letzten Höhen auf. Ein bisschen Pathosfähigkeit muss man wohl mitbringen, wenn sich die Welt und ihre Gottesfülle so wunderbar erschlossen haben. Für die nüchterne Tat sind andere Texte da. 

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