Sonne über dem Feld (c) Photo by Federico Respini on Unsplash

15. Sonntag im Jahreskreis // Zum Evangelium

Datum:
Fr. 10. Juli 2020
Von:
Annette Jantzen

Vom Säen und Ernten: Matthäus 13

Jesus beginnt seine Gleichnisrede: Die Rede von der gerechten Welt Gottes und womit sie zu vergleichen sei. Einen solchen Vergleich zu wagen heißt, „Erfahrungen zu erzählen und sich gleichzeitig in Gottes Hand zu bergen“ (Luise Schottroff).

Der Vergleich von Gottes gerechter Welt mit Saat und Ernte spricht von einer alten, geteilten Erfahrung: Von der verlustreichen Saat, denn Landwirtschaft im palästinensischen Gebiet mit dem steinigen Boden ist mühsam, heute noch und damals noch mehr. Er wird im Winter vor der Aussaat gepflügt, wenn es regnet, und dann, nach Ausbringen der Sommersaat, noch einmal für den erwarteten Spätregen, um den trockenen Boden für den Regen zu öffnen. Und auch wenn das Land schon oft bearbeitet wurde und die guten Partien so erkennbar sind, so sind Verluste dadurch doch wahrscheinlich und bitter, gerade unter den Armen, denen das Land ohnehin nicht genug einbringt.

Mit wenigen Worten wird eine breite und reiche biblische Tradition aufgerufen: Säen, ohne ernten zu können, bedeutet eine Katastrophe und wird von den Propheten als Bild für Gericht und Unheil verwendet. Reiche Ernte hingegen wird als Bild für die Erfahrung der rettenden Gegenwart Gottes besungen: Die unter Tränen säen, mit Jubel werden sie ernten (Ps 126,5). Das ist Jesus und seinen Zuhörerinnen und Zuhörern vertraut, ebenso wie die Geschichte von Isaak, dem Sohn Abrahams, von dem dies im Buch Genesis, in den Geschichten vom Anfang des Volkes Gottes, erzählt wird: Er sät aus und erntet hundertfach, weil Gottes Segen für Leben und Fruchtbarkeit sorgt (Gen 26,12). Gott, die sich erbarmend zeigt und Vergebung groß macht, sie gibt ihr Wort zum Leben in Fülle wie der Regen, der das Korn wachsen lässt, damit es reicht zum nächsten Säen und auch noch zum Essen, so heißt es beim Propheten Jesaja (Jes 55,6-11). Und da geht es nicht nur ums Belehrt-werden, sondern ihr Wort ist zugleich ihr Heilshandeln, das heißt ihr Gegenwärtig-Sein als befreiende Lebenskraft.

Alles das klingt an, wenn Jesus also erzählt „Jemand ging zum Säen…“. Und zugleich setzt Jesus voraus, dass die Zuhörenden um Gottes heilendes, rettendes Gegenwärtig-Sein wissen, weil sie nicht erst durch den Vergleich zum Wissen kommen. Sie wissen schon vorher, und dass nicht alle zu diesen Eingeweihten gehören, bei denen die Vision von Gottes gerechter Welt Wurzeln schlägt, widerlegt diese Verheißung nicht. Jesus, der Prophet, folgt den prophetischen Texten: Selbst die Nicht-Annahme, der Unglaube, bezeugt noch Gottes Größe, so paradox das auch sein mag. Gott bleibt entzogen und geheimnisvoll, denn zwar wirkt sie Lebenskraft, aber „unsere Wege sind nicht ihre Wege“, auch das gehört zum Jesaja-Wort von der fruchtbaren Verheißung (Jes 55, 8).

Jesu kurze Auslegung geht auf die Pointe der Geschichte gar nicht ein, wo die reiche Ernte das Wirken Gottes zeigt, sondern er erläutert nur einen kleinen Teil, wie in einem religiösen Lehrgespräch üblich. Dabei spricht er die Zuhörerinnen und Zuhörer auf ihre eigenen Möglichkeiten und Gefährdungen an, nach kurzer Begeisterung die Vision von Gottes gerechter Welt wieder aus den Augen zu verlieren.

Es ist wichtig, von Gottes Verheißung im Mittelpunkt auszugehen und daran festzuhalten: Verheißung von Leben in Fülle, von Jubel der Armen, von Befreiung und Zuversicht und Genug-für-alle. Sonst liegt das Missverständnis nahe, es ginge hier mehr um Drohung als um Befreiung, mehr um Forderung als um Verheißung. Dann würde „sich der Blick von der verborgenen, aber wirkungs- und segensvollen Herrschaft Gottes, von der das Gleichnis spricht, zu den Fragen von Glaubensleistung und Herzensstärke vereng(en), mit der Gefahr, dass diese gewissermaßen an die Stelle des Wirkens Gottes in der Welt treten.“ (Frank Crüsemann)

Es geht nicht um Leistung. Das Leben ist hart genug, und Gott gibt die Ernte.

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